Landgericht: Gerichtspsychiaterin muss Justizopfer Norbert Kuß 50 000 Euro zahlen

Saarbrücken · Justizopfer Norbert Kuß bekommt Schmerzensgeld von einer Homburger Gerichtspsychiaterin. Das hat das Landgericht Saarbrücken gerade entschieden. Weil die Frau ein fehlerhaftes Gutachten erstattet hat, das Kuß ins Gefängnis brachte, muss sie 50.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

 Justizopfer Norbert Kuß – hier mit seiner Anwältin Daniela Lordt – schilderte der dritten Zivilkammer des Landgerichts, was er in 683 Tagen unschuldig erlittener Haft erlebt hat. (Archivbild)

Justizopfer Norbert Kuß – hier mit seiner Anwältin Daniela Lordt – schilderte der dritten Zivilkammer des Landgerichts, was er in 683 Tagen unschuldig erlittener Haft erlebt hat. (Archivbild)

Foto: Becker & Bredel

683 Tage saß Norbert Kuß (71) unschuldig hinter Gittern. Eine frühere Pflegetochter hatte ihn des sexuellen Missbrauchs beschuldigt und eine Gerichtssachverständige des Homburger Institutes für gerichtliche Psychologie stufte im Mai 2004 vor dem Landgericht Saarbrücken deren Aussage als glaubwürdig ein. Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellte. Strafrechtlich wurde das Urteil gegen den Bundesbeamten bereits im November 2013 mit einem "Freispruch erster Klasse" aufgehoben. Das Land musste Kuß 17075 Euro Entschädigung für die erlittene Haft zahlen.

Mit seiner Saarbrücker Rechtsanwältin Daniela Lordt klagte Justizopfer Kuß dann vor der dritten Zivilkammer des Landgerichts gegen die Homburger Gutachterin. Wegen des Falschgutachtens forderte er Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 80 000 Euro. Am Donnerstag morgen verkündete Ulrich Hoschke, Vorsitzender Richter der Kammer, ein erstes Urteil. Demnach spricht das Gericht dem 71-Jährigen ein Schmerzensgeld in Höhe von 50 000 Euro zu. Und entschied, dass er gegen die Gutachterin auch dem Grunde nach Anspruch auf Schadensersatz hat. Über die Vermögenschäden müsse das Gericht aber noch weiter entscheiden.

Hoschke betonte, auf Grundlage der Aussage der Pflegetochter und dem Gutachten der Homburgerin hätte Kuß strafrechtlich nicht verurteilt werden dürfen. Die Sachverständige habe wissenschaftliche Standards für solche Expertisen nicht eingehalten und deshalb "grob fahrlässig" gehandelt. Das von ihr präsentierte Gutachten habe "schwerwiegende Mängel".

Justizopfer Kuß war bei der Verkündung des Urteils nicht im Gerichtssaal. Er wurde daheim von Anwältin Lordt informiert. Gegenüber der Saarbrücker Zeitung sagte er: "Die Freude ist riesengroß. Wir haben allen Grund zum Jubel. Das ist auch so etwas wie Genugtuung." Zum Thema Schadenersatz, der genau beziffert werden muss, will er schon bald die genaue Rechnung aufmachen. Kuß weiter: "Ich bin sehr, sehr zufrieden."

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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