„Land muss einen Plan vorgeben“

Saarbrücken · Die SPD-Fraktion im Landtag hält einen Stellenabbau bei Städten und Gemeinden für unausweichlich. Nicht mehr jedes Rathaus müsse künftig alle Aufgaben wahrnehmen, sagte Fraktionschef Stefan Pauluhn gegenüber SZ-Redakteur Daniel Kirch.

 Stefan Pauluhn führt seit 2012 die SPD-Fraktion. Foto: Oliver Dietze

Stefan Pauluhn führt seit 2012 die SPD-Fraktion. Foto: Oliver Dietze

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Herr Pauluhn, die CDU hat ein Konzept für eine Kommunalreform erarbeitet, ohne Sie als Koalitionspartner zu konsultieren. Ist das der normale Umgang in einer großen Koalition?

Pauluhn: Man muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass in einer Koalition zweier unterschiedlicher Parteien jeder Satz abgestimmt wird. Nicht alles, was die CDU beschlossen hat, wird Regierungshandeln werden. Und nicht alles ist richtig. Ich halte es zum Beispiel für einen falschen Ansatz, die Jugendhilfe-Ausgaben der Kreise in die Kritik zu ziehen. Der Konsolidierungsbedarf ist bei den Kommunen größer als bei den Kreisen.

Wo genau?

Pauluhn: Wenn die Bevölkerungszahl in einer Kommune deutlich sinkt, braucht sie auch weniger Personal. Es muss nicht mehr jedes Angebot in jedem Rathaus geben. Wenn der Bürger einen Personalausweis oder Führerschein beantragt oder ein Problem mit der Müllentsorgung hat, soll er das auch in Zukunft im Bürgerbüro seiner Gemeinde erledigen können. Auch der politische Meinungsbildungsprozess sollte vor Ort stattfinden. Aber brauchen wir beispielsweise im Saarpfalz-Kreis mit sieben Kommunen noch sieben Personalämter, sieben Ordnungsämter oder sieben Standesämter? Diese Frage wird sich stellen.

Warum beschließen Sie dann nicht gleich eine Gebietsreform?

Pauluhn: Dass es irgendwann zu Fusionen kommt, ist nicht auszuschließen. Das kann aber nur der letzte Schritt sein. Da muss man schauen: Was bringt das? Ich sehe die Sinnhaftigkeit einer Gebietsreform im Moment noch nicht. Den Menschen in Kirkel, Gersheim oder Oberthal ist es schon sehr viel wert, dass ihr Bürgermeister und Gemeinderat die Interessen vor Ort wahrnehmen. Wo das Personal-Management oder die Lohnbuchhaltung gemacht werden, ist ihnen aber egal. Wir sind hierbei gespannt auf die Ergebnisse des Junkernheinrich-Gutachtens und setzen darauf, dass das Innenministerium dieses nun bald vorlegt. Das ist dann die richtige Grundlage für mögliche Entscheidungen.

Was bedeuten Bevölkerungsrückgang und Finanzlage für die Freizeit-Infrastruktur, etwa für Bäder oder Sporthallen?

Pauluhn: Mehrere Kommunen haben ja bereits ihre Bäder geschlossen. Das Land muss einen Plan vorgeben, der festlegt, welchen Bedarf es in den Kommunen gibt. Wenn man den Kommunen die Entscheidung über Bau oder Schließung eines Bades allein überlässt, wird es schwer, weil jeder Gemeinderat unter dem Druck der Bevölkerung steht. Deshalb muss man das in einem Landesentwicklungsplan vorgeben. Es gibt erste Gespräche. Ob das schon in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden kann, weiß ich nicht.

Die Gewerkschaft Verdi ist der Ansicht, die finanzielle Sanierung der Kommunen sei ohne höhere Steuern auf große Vermögen und hohe Einkommen gar nicht zu machen. Sehen Sie das auch so?

Pauluhn: Das Saarland ist in einer besonderen Situation, weil es mit Hessen die am höchsten verschuldeten Kommunen hat. Aus den anderen Bundesländern ist der Druck auf den Bund, wegen der Kommunalfinanzen eine andere Steuerpolitik zu machen, nicht gerade hoch. Die SPD hält eine gerechte Steuerpolitik nach wie vor für notwendig. Aber ich bin auch Pragmatiker: Es ist in der jetzigen Situation nicht umsetzbar, und ich weiß auch nicht, ob es nach 2017 direkt umsetzbar sein wird. Insofern müssen die Kommunen wie auch das Land zunächst einmal die eigenen Hausaufgaben machen.

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