Lafontaines bester Mann verlässt den Landtag

Saarbrücken · Als Geschäftsführer managt Heinz Bierbaum (69) die Linken-Fraktion im Landtag. Respekt erwarb er sich auch bei anderen Fraktionen. 2017 verlässt er den Landtag – eine Rückkehr in die Landespolitik ist aber nicht ganz ausgeschlossen.

 Heinz Bierbaum im Plenarsaal. Dort ist er in Debatten als politische Allzweckwaffe seiner Fraktion häufig im Einsatz. Foto: Oliver Dietze

Heinz Bierbaum im Plenarsaal. Dort ist er in Debatten als politische Allzweckwaffe seiner Fraktion häufig im Einsatz. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Für viele Linke war es keine Überraschung mehr. Seit längerer Zeit schon hatte sich Heinz Bierbaum mit dem Gedanken getragen, seine Karriere im Landtag 2017 zu beenden. Gestern nun gab der 69-Jährige seine Entscheidung offiziell bekannt. Innerparteiliche Gründe gebe es dafür nicht, sagte er, es sei einfach das Alter und der Wunsch, sich künftig stärker auf Bundes- und auf internationaler Ebene zu engagieren. Bierbaum ist Mitglied im Vorstand der Bundespartei und Vorsitzender der Internationalen Kommission der Linken.

Für die Saar-Linke ist Bierbaums Rückzug zweifellos ein Verlust. Der Wirtschaftsprofessor managt für Oskar Lafontaine die achtköpfige Landtagsfraktion. In den Plenardebatten ist der Wirtschafts- und Finanzpolitiker eine politische Allzweckwaffe der (von Lafontaine abgesehen) an rhetorischem Talent nicht eben reichen Fraktion. Bierbaum ist, kurz gesagt, Lafontaines bester Mann.

Aus den anderen Fraktionen hört man, allen politischen Unterschieden zum Trotz, kaum ein schlechtes Wort über ihn. Im Unterschied zu Oskar Lafontaine ("Sie ticken nicht mehr richtig!") leistete Bierbaum sich keine Aussetzer. "Der Heinz", sagt SPD-Mann Eugen Roth , "hat nie Schaum vorm Mund gehabt." Er sei ein klarer Linker, "aber er positioniert die Linke mit sehr viel Verstand. Das ist ein Verlust." Selbst in der CDU , wo einige Bierbaum anfangs für einen strammen Kommunisten hielten, erwarb er sich Respekt. Finanzminister Stephan Toscani findet, Bierbaum übe sein Amt als Chef des Haushaltsausschusses "kritisch, kompetent und pragmatisch" aus. Er arbeite mit ihm auch in schwierigen Fragen fair zusammen.

Bierbaum ist für die Linke auch deshalb so wertvoll, weil er beste Kontakte zu den Gewerkschaften hat. Sie rühren aus seiner Zeit als Vorstandssekretär und Bevollmächtigter der IG Metall in Frankfurt (1979 bis 1996). Heute sitzt er für die IG Metall im Aufsichtsrat der saarländischen Stahlindustrie. Ins Saarland kam Bierbaum 1996, als er an der HTW in Saarbrücken die Leitung des Info-Instituts übernahm. Dieses war von Arbeitskammer, Landesregierung und Hochschule gerade gegründet worden. Bis 2012 war er Professor für Betriebswirtschaftslehre an der HTW.

Der Soziologe und Betriebswirt, früher Mitglied in der SPD und der WASG, stieg 2007 ins politische Geschäft ein. Als Oskar Lafontaine die Linke im Saarland aufbaute, machte er Bierbaum zum wirtschaftspolitischen Sprecher. 2009 wäre er beinahe Minister geworden. In einer rot-rot-grünen Koalition war Bierbaum angeblich als Wirtschaftsminister vorgesehen. Doch am Ende kam es zur Jamaika-Koalition.

Mit der Arbeit seiner Partei war Bierbaum nicht immer zufrieden. Als Lafontaine 2013 die damals politisch völlig unerfahrene Ex-Tennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl machen wollte, riet Bierbaum intern davon ab. Kohde-Kilsch unterlag dem Lafontaine-Gegner Thomas Lutze, worauf Bierbaum als Wahlkampfleiter zurücktrat. Mehrere Wochen später trug sich Bierbaum mit dem Gedanken, den Landesvorsitz der zerstrittenen Partei zu übernehmen, um die unterschiedlichen Lager zusammenzuführen. Doch das Klima war damals dermaßen vergiftet, dass Bierbaum seinen Plan entnervt aufgab.

Die Lücke, die Bierbaum in der Fraktion reißen wird, ist schwer zu füllen, das wird auch Lafontaine wissen. Er sucht derzeit für Bierbaum einen Ersatz als Vertrauensperson in der Fraktion. Unter anderem davon macht er abhängig, ob er 2017 selbst wieder antritt. Sollte es 2017 zu einer rot-rot-grünen Koalition kommen, könnte auch Bierbaum wieder in die Landespolitik zurückkehren. "Das wäre eine neue Situation, der ich mich nicht verschließen würde", sagt er. Ein Minister Bierbaum also? "Ich sage mal so: Ich würde es nicht gleich ablehnen."

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