Lafontaine peilt Rot-Rot-Grün im Saarland an

Saarbrücken · Rund vier Monate vor der Landtagswahl haben die Mitglieder der Linken im Saarland Oskar Lafontaine auf Platz eins der Landesliste gewählt. Ohne Murren erfüllten sie die Bedingung, die der 73-Jährige gestellt hatte.

 Zufrieden mit ihren Wahlergebnissen: Oskar Lafontaine (links) und Jochen Flackus. Foto: U. Kirch

Zufrieden mit ihren Wahlergebnissen: Oskar Lafontaine (links) und Jochen Flackus. Foto: U. Kirch

Foto: U. Kirch

Monatelange Spekulationen um eine mögliche erneute Spitzenkandidatur Oskar Lafontaines haben am Samstag ein Ende gefunden: Der 73-Jährige wird die Saar-Linke in die Landtagswahl im März 2017 führen. Gut 89 Prozent der Mitglieder wählten ihn bei der Landesmitgliederversammlung in der Saarbrücker Congresshalle auf Platz eins der Landesliste. 332 stimmten für den Fraktionschef im Saar-Landtag, es gab 36 Gegenstimmen und drei Enthaltungen. Damit liegt Lafontaine leicht unter seinem Ergebnis von 2012, als er 93,2 Prozent erhielt.

Er habe sich entschieden, bei der Wahl ins Rennen zu gehen: "Weil ich mit der Landespolitik nicht mehr einverstanden bin, und weil ich zutiefst davon überzeugt bin, wir sollten jetzt den Versuch unternehmen, uns an der Regierung zu beteiligen, um frischen Wind in die Landespolitik zu bringen", rief er. Die Partei hatte ihn vor einer Woche bereits mit 93,8 Prozent auf Platz eins der Wahlkreisliste in Saarlouis gewählt. Rein rechnerisch ist nach aktuellen Umfragen ein rot-rot-grünes Bündnis nach der Wahl im Saarland möglich.

Oskar Lafontaine ist zwar schon seit 18 Jahren kein Ministerpräsident mehr, aber wenn er über die Zukunft des Saarlandes spricht, kommt er immer wieder auf seine Regierungszeit von 1985 bis 1998 zurück. Auffallend viele Sätze fingen mit Formulierungen an wie: "In meiner Regierungszeit . . ." und "Als wir Regierungsverantwortung hatten. . .". "Wir brauchen einen neuen Aufbruch. Eine Regierung, die die Ärmel hochkrempelt, und nicht Schnarchkappen, die wichtige Investitionen im Land verschlafen", kritisierte er die große Koalition im Land. Ob die Ansiedlung der Deutsch-Französischen Hochschule, die Zugverbindung Saarbrücken-Paris oder das Gründerzentrum an der Saar-Uni - alles Erfolge, die er und seine Mitstreiter erzielt hätten. "Da gab es Taten, heute wird viel geschwätzt", sagte Lafontaine. Anstatt zu handeln, rufe die Landesregierung lieber Räte und Strategien aus: "Wenn du schwach bist in der Tat, gründe einen Expertenrat", frotzelte der 73-Jährige. Hinzu kämen viele Pleiten, darunter die Völklinger Meeresfischzucht, der IV. Pavillon oder der leerstehende Pingusson-Bau, in denen Millionen Euro an öffentlichen Geldern "verbrannt" würden.

Die Partei Die Linke werde angesichts einer zunehmenden Politikverdrossenheit immer wichtiger. Diese rühre daher, dass die SPD mit der Agenda 2010 die Seite weg von den Arbeitnehmern und Gewerkschaften hin zu den Arbeitgebern gewechselt habe. "Wenn die Arbeiterschaft keine Adresse mehr hat, dann wählt sie irgendwann einen sogenannten starken Mann", rief er. Das Erstarken rechter Parteien sei eine Gefahr. "Wenn es die Linke nicht gäbe, wäre die AfD in Deutschland deutlich stärker", sagte Lafontaine. Es gebe einen aufkommenden Faschismus in Europa. "Der Kern des Faschismus ist die Verachtung der Menschenwürde . (. . .) Deshalb war ich ein solch leidenschaftlicher Gegner der Agenda 2010 . Wer Leiharbeit macht, wer Minijobs macht, wer befristete Jobs macht, der geht an die Menschenwürde ", rief er unter starkem Applaus. "Die traditionellen Arbeiterparteien in Europa wollen es nicht verstehen, sie sind vom Kapital gesteuert."

Lafontaine hatte seine Kandidatur davon abhängig gemacht, dass sein früherer Büroleiter Jochen Flackus (61), derzeit Geschäftsführer bei der ZeMa gGmbH (Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik), auf den sicheren zweiten Platz der Landesliste gewählt wird. Eine Bedingung, die so deutlich war, dass sie am Samstag niemand mehr öffentlich betonen musste. Flackus, der Heinz Bierbaum als Wirtschaftsexperte der Fraktion nachfolgen soll, erhielt 86,8 Prozent der Stimmen (341 Ja, 42 Nein, zehn Enthaltungen). Flackus nannte "15 Prozent plus X" als Wahlziel der Linken. Auf Platz 3 konnte sich die Landtagsabgeordnete Birgit Huonker mit 78,3 Prozent der Stimmen gegen Ingeborg Wadenpfuhl durchsetzen. Auf Platz 4 kam der Lehramtsstudent Dennis Weber. Platz 5 errang die Landtagsabgeordnete Heike Kugler .

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