Kuverts mit Kunst und Kuriosem

Eiweiler · Auch wenn er 300 oder noch mehr Briefe pro Jahr in alle Welt schreibt: Bei Peter Backes ist jeder Umschlag ein Unikat. Denn alle sind sie selbst gestaltet. Selbst Briefmarken sind manchmal, aus Jux, „Eigenmarken“.

 Peter Backes am Schreibtisch in seiner Bibliothek. Foto: Beatrix Hoffmann

Peter Backes am Schreibtisch in seiner Bibliothek. Foto: Beatrix Hoffmann

Foto: Beatrix Hoffmann

Peter Backes (65) hat ein Hobby, das nostalgisch anmutet. Der Rentner, der auch gern als Reiseführer im Großraum Rhein, Nancy, Wallonie unterwegs ist, pflegt Brieffreundschaften. "300 bis 350 Briefe werden es im Jahr schon sein", meint er und fügt hinzu: "Meine Portokasse ist umfangreicher als bei Otto Normalverbraucher." Der Briefträger in Eiweiler, wo Backes seit 20 Jahren mit seiner Frau lebt, hat aber nicht nur viel zu tragen, sondern auch zu gucken.

Denn bei diesen Briefen steht nicht der Inhalt, sondern die Verpackung im Vordergrund. Es geht um "Mail Art", um Briefkunst. "Mehr Rahmen als Botschaft", sagt Backes.

Extravagante Briefwechsel

Kistenweise Kunst im Kleinformat hortet er inzwischen in seiner Bibliothek. Ein Objekt ist fantasievoller als der andere. "Weil ich gerne Briefe schreibe und ein kreativer Mensch bin", sei er zu diesem Hobby gekommen, erklärt der gelernte Kfz-Mechaniker, der bei Ford in der Logistik tätig war.

Angefangen hat es in den 80er Jahren. Damals wohnte er in Wallerfangen und korrespondierte mit einem Jugendfreund in seiner Heimatstadt St. Wendel. Mittlerweile tauscht sich Peter Backes rund um den Erdball aus. Besonders rege läuft der extravagante Briefwechsel mit zwei Briefartisten aus Hannover und Erlangen. Mal liegen nur drei Tage zwischen Brief und Brief, mal vergehen drei Wochen. Schließlich gehört immer eine zündende Idee dazu. Wenn er Wind von einer Themenausstellung bekommt, ist der Briefkünstler mit von der Partie. Zuletzt schickte er eine wilde Collage zum Thema "Heros never die - Helden sterben nicht" ins französische Phalsbourg. Zahlreiche Kataloge dokumentieren die Gruppenausstellungen.

Briefkünstler Backes hortet auch eine umfangreiche Materialsammlung, Attraktive Zeitungsausschnitte, Papierstückchen jedweder Art - nach dem Motto "Man weiß nie, wozu es gut ist" wandert alles in den Fundus. Wenn ihm ein zerfleddertes Stück Plakat auf der Straße entgegenweht oder ein handgeschriebener Zettel begegnet, kann er einfach nicht widerstehen. "Alles, was Papier ist, muss mit." Ebenso wie "alles, was sich nicht wehrt" - Federn, Farbstifte, Pinsel - bei der Verwandlung vom Umschlag zum Kunstwerk zum Einsatz kommt.

In einem alten Apothekenschrank hortet er Utensilien. 100 kleine und ein Dutzend großer Schubladen voller Karten, Kuverts, Klebebänder Co. Stempel aller Art stehen neben dem Schreibtisch. Ein Setzkasten mit Kinkerlitzchen regt die Fantasie an. Der Mail-Artist ist auch ein leidenschaftlicher Flohmarktbesucher. Ölgemälde mit Motiven aus der Großregion, eine sizilianische Rittermarionette und allerlei Skurriles machen die Bibliothek zur Wunderkammer.

Im Herbst machte Peter Backes außer Konkurrenz bei einer Briefmarkenschau in Köllerbach mit. Auf die Schnelle hat er dafür einfach ein paar Marken mit einem Augenzwinkern "gefälscht". Aus der Portoangabe wurde mal eben "58 Jahre schlechtes Wetter im Köllertal", das Saarland verwandelte sich in "Sparland". Er adressierte die Briefe an sich selbst und versenkte sie irgendwo im Kasten. Sie kamen an. Keiner hat was gemerkt, auch nicht der Stempelautomat.

 Zwei Briefumschläge, die Peter Backes für die SZ-Redaktion gestaltet hat. Foto: Fred Kiefer

Zwei Briefumschläge, die Peter Backes für die SZ-Redaktion gestaltet hat. Foto: Fred Kiefer

Foto: Fred Kiefer

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HintergrundMail Art, Kunst per Post, ist seit Anfang der 70er Jahre populär. Sowohl Künstler als auch Hobbykünstler zählen zur Mail-Art-Szene. Von der originell gestalteten Postkarte bis zum als "Brief" verschickten Kunstobjekt reicht die Spanne. Die Korrespondenzkunst verbleibt traditionellerweise beim Empfänger. Galerien, Museen und andere Institutionen rufen zu Mail-Art-Aktionen auf. So genannte Mail Calls, also Aufrufe für Mail-Art-Projekte, findet man im Internet. Anfang Dezember lief eine große Arte-Postale-Ausstellung an der Akademie der Künste Berlin. hof

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