Krieg und die künstlichste aller Farben

Saarbrücken · François Martig und Russell Maltz verbinden ihre Darstellungsformen zu einer gemeinsamen Ausstellung.

 François Martig (Hypo-Landsscapes: Politics of Fattlefields) und Russell Maltz (rechts, Panted – Stacked – Suspended) bereiten die Ausstellung in der Stadtgalerie vor. Fotos: Iris Maurer

François Martig (Hypo-Landsscapes: Politics of Fattlefields) und Russell Maltz (rechts, Panted – Stacked – Suspended) bereiten die Ausstellung in der Stadtgalerie vor. Fotos: Iris Maurer

Am Montagnachmittag strahlte die Sonne in den Innenhof der Stadtgalerie und sorgte dafür, dass das leuchtende Neongelb noch greller erschien. Denn im Innenhof stehen aktuell Betonsteine auf Paletten, teilweise grellgelb gestrichen. Daneben stehen Latten an die Wand gelehnt, ebenfalls in der leuchtenden Farbe. Das Ganze sieht wie zufällig abgeladen aus, fast wie auf einer Baustelle, wäre da nicht die leuchtend gelbe Farbe. Und der Ort.

Und dann bemerkt man, dass da doch eine gewisse Komposition im Spiel ist. Die Fenster der Stadtgalerie sind an dem sonnigen Nachmittag weit geöffnet, und so hört man, dass oben fleißig gearbeitet wird. Denn Russell Maltz und François Martig bauen ihre Ausstellungen auf, die am Freitagabend eröffnet werden. Beide sind in ihren Etagen zugange, und Russell Maltz bessert gerade Holzlatten und Papiere in einem Raum aus, diesmal in neonorangener Farbe. Die Farbe leuchtet dermaßen, dass der Raum schon von Weitem ein warmes Licht verbreitet. "Mein Werk Accuflo stammt aus dem Jahr 1998, es war eingelagert und muss daher ausgebessert werden", erklärt Russell Maltz auf Englisch. Der renommierte Künstler ist Amerikaner, lebt und arbeitet in New York. Er studierte zuerst englische Literatur, dann, im Jahr 1980, machte er seinen Master in Bildender Kunst und Design, zeigte seine Werke bisher in den USA, Israel, Mexiko, Japan, Schweden und Deutschland. "Ich beschäftige mich schon seit den 80er-Jahren damit, wie man Gemälde ohne Leinwand, sondern auf ganz anderen Materialien machen kann", erzählt er und erklärt damit die wundersame Wahl seiner Bildträger.

So kam er auf die Idee, Gebrauchsmaterial für seine Kunst zu wählen, Werkstoffe aus dem Baumarkt statt großer Leinwände. "Ich komponiere die Baustoffe dann wie Motive in Gemälden, und die Akzente setze ich mit der Farbe. Und da wähle ich Neonfarben, denn das ist die künstlichste Farbe und damit ein Ausdruck von Kunst", erzählt er weiter. "Mich interessiert, dass man Kunst unter ganz vielen Aspekten betrachten kann, sie ist nie ganz fertig. Sachen ändern sich, das ist normal. Meine Werke sind aus Einzelteilen, die ich immer wieder neu zusammensetzen kann. Dabei orientiere ich mich an dem Raum, in dem sie zu sehen sind", sagt Russell Maltz. Der Künstler ist schon seit über einer Woche in Saarbrücken zu Gast. Die Arbeit im Innenhof der Stadtgalerie hat er in dieser Zeit vor Ort geschaffen.

Dagegen ist François Martig gerade erst angereist und koordiniert seine Aufbauarbeiten noch. Von seinen Werken ist am Montag noch nichts zu sehen, "das Meiste wird auch nur zu hören sein", erklärt der junge Künstler auf Französisch. François Martig stammt aus Belgien, studierte Fotografie und Tonkunst in Brüssel, Nizza und Straßburg. Heute lebt und arbeitet er in der Nähe von Metz. Er ist in Saarbrücken nicht ganz unbekannt, denn er hat Ende letzten Jahres den Medienpreis des Saarländischen Rundfunks erhalten, damit wurde auch die Stadtgalerie auf ihn aufmerksam. François Martig beschäftigt sich in seiner Kunst bereits seit mehreren Jahren mit Projekten, die von Kriegen und Schlachtfeldern beeinflusst sind. "Mich interessiert die Form der Landschaft, die vom Krieg geformt wurde. Was man davon heute noch sehen kann. Gerade in Verdun wird das aufrechterhalten. Das ist eine sehr politische Landschaft", erklärt er. "Aber es ist nicht nur die Landschaft. Es sind auch die Pflanzen, die mich faszinieren, die Samen, die an den Stiefeln der Soldaten klebten, und die eingeschleppt wurden." Daher wird er in seiner Ausstellung auch Erde aus Verdun präsentieren, die allerdings von chemischen Stoffen so stark kontaminiert ist, dass nichts mehr in ihr wachsen kann.

Für seine Arbeiten ist François Martig viel gereist, denn eine weitere Arbeit von ihm beschäftigt sich mit der politisch geteilten Insel Zypern. Und immer hat er vor Ort die verschiedensten Töne aufgenommen, um daraus einen Sound zu mixen, der mit Erläuterungen den Ort wiedergibt. Obwohl er weiß, dass er dafür noch viele technische Geräte aufbauen muss, ist er am Montagnachmittag ganz gelassen. "Das mache ich alles morgen", sagt er und lacht.

 Russell Maltz (rechts) setzt auf Neonorange aus gutem Grund.

Russell Maltz (rechts) setzt auf Neonorange aus gutem Grund.

"Russell Maltz. Painted-stacked-suspended", sowie "François Martig. Hypo-Landscapes: Politics of Battlefields". Ausstellungseröffnung am Freitag, 19. Mai, 19 Uhr. Geöffnet bis 27. August, von Dienstag bis Freitag, 12 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag, 11 bis 18 Uhr.www.stadtgalerie.de

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