Krankes Herz braucht gute Erste Hilfe

Saarbrücken · Sie hängen in Einkaufszentren und Museen, ja sogar vor Dorfbackhäusern. Automatische Defibrillatoren sollen Herzpatienten das Leben retten. Doch wer erst ein Gerät sucht, statt gleich mit der Herzmassage zu beginnen, setzt ein Leben aufs Spiel.

Dass der Mann überlebt hat, war Zufall, sagt Berthold Rehne. Rehne ist Vorsitzender der DJK Saarbrücken-Rastpfuhl. Und der Vorfall liegt ein paar Wochen zurück. Die Tischtennisabteilung des Vereins hatte ein Pflichtspiel, als einer der Spieler "einen plötzlichen Herzinfarkt" erlitt, wie Rehne sagt.

Der Mann hatte das Glück, dass in der Nachbarhalle Volleyball gespielt wurde, sagt Rehne. "Nur die beherzte Ersthilfe einiger Spieler der Volleyballabteilung, in der auch eine Ärztin spielt, rettete dem Spieler das Leben", erklärt der DJK-Vorsitzende. Und er fragt sich: "Was hätte man ohne die zufällige Anwesenheit der Volleyballer tun können?"

Er und seine Sportfreunde glauben: "Ein Defibrillator in der Halle würde in solchen Fällen das Leben der Sportler retten." Deshalb regen sie an, dass die Stadt in allen Hallen solche Geräte anbringt. Ein Defibrillator kann, vereinfacht formuliert, durch gezielte Stromstöße unter anderem Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern beenden. Eine Wunderwaffe ist er allerdings nicht, sagt Josef Schun, der Chef der Saarbrücker Berufsfeuerwehr. Er sieht "eine flächendeckende Einführung von Defibrillatoren als kritisch an". Das sei nicht nur seine Meinung, sondern die Position der Feuerwehren in Deutschland, sagt Schun.

Das Problem sei: Ein Defibrillator allein rette kein Leben. Wichtiger seien eine gute Erste-Hilfe-Ausbildung - und der Mut, im Ernstfall auch zu handeln. "Sobald jemand umfällt, ist es wichtig zu schauen, ob er noch Atmung und Puls hat", erklärt Schun. Danach sei eine Herzdruckmassage wichtig, denn "ohne die ist alles andere sinnlos". Das alles könne ein technisches Gerät nicht ersetzen. Im Gegenteil: Schun befürchtet, dass statt der Erste-Hilfe-Maßnahmen erst die Suche nach einem Defibrillator losgeht. Wenn so ein Gerät vorhanden ist, müsse man es auch bedienen können, auch das sei ein Problem, sagt Schun.

Ein vom Rotaryclub gespendetes Gerät wurde in der Stadtgalerie am St. Johanner Markt aufgehängt. Die Feuerwehr hat daraufhin die Bediensteten des Museums und des Cafés im Erdgeschoss geschult. "Einfach nur einen Defibrillator an die Wand zu hängen, wäre eine Alibimaßnahme", sagt Schun.

Die Ausbildung und die Sorge, dass man sich in der Ersten Hilfe auf die Technik verlässt, sind das eine.

Das andere ist das Geld. "Defibrillatoren in Sporthallen sind gesetzlich nicht vorgeschrieben", sagt Stadtpressesprecher Thomas Blug.

Würde die Landeshauptstadt dennoch für alle 45 Turn-, Sport- und Mehrzweckhallen, zwölf Hallen des Regionalverbandes, die die Landeshauptstadt nutzt, und zwölf Freisportanlagen Defibrillatoren anschaffen, sei das haushaltsrechtlich eine "freiwillige Leistung", die vom Stadtrat beschlossen werden müsste.

"Die Kosten dafür müssten an anderer Stelle eingespart werden", erklärt Blug. Zwischen 1100 und 1500 Euro, im Einzelfall auch 2000 Euro koste ein Defibrillator. Hinzu kämen die regelmäßigen Kosten für die Unterhaltung.

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