Kosten Uni-Einsparungen Geld?

Saarbrücken · Das Saarland bekommt für jeden Einwohner Geld aus dem Länderfinanzausgleich. Weniger Studenten bedeuten weniger Geld. Ein Dekan der Saar-Uni warnt vor der Aufgabe von Fächern mit vielen Studenten.

 Auch Massenfächern an der Saar-Universität droht nach Empfehlungen des Wissenschaftsrates die Streichung. Foto: Bonenberger

Auch Massenfächern an der Saar-Universität droht nach Empfehlungen des Wissenschaftsrates die Streichung. Foto: Bonenberger

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Die Aufgabe von Massenfächern an der Saar-Uni wie der Juristen-Ausbildung oder der Betriebswirtschaftslehre könnte das Land unter dem Strich mehr Geld kosten, als es durch den Wegfall spart. Das hat der Dekan der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Professor Stephan Weth, am Beispiel der Rechtswissenschaft berechnet. Der Wissenschaftsrat hatte empfohlen, die Juristen-Ausbildung in Saarbrücken aufzugeben, wenn es nicht gelingt, stärker mit Hochschulen in der Großregion zu kooperieren.

Weth kommt zu dem Ergebnis: Die Einnahmeausfälle durch den Länderfinanzausgleich würden die in der Theorie möglichen Einsparungen überwiegen. Grund ist der Verteilungsmechanismus des Länderfinanzausgleichs. Für jeden hier gemeldeten Einwohner bekommt das Saarland nach Weths Angaben etwa 3000 Euro pro Jahr aus dem Steuertopf von Bund und Ländern. "Das Land würde überhaupt nichts gewinnen", sagt Weth. Es gebe auch andere Gründe, etwa die drohende Abwanderung junger Menschen aus dem Saarland. So biete eine heimatnahe Universität für viele Abiturienten aus Nicht-Akademiker-Elternhäusern die einzige Möglichkeit, überhaupt studieren zu können.

Weth geht in seinen Berechnungen davon aus, dass bei einem Wegfall der Rechtswissenschaft die derzeit über 900 Jura-Studenten von außerhalb des Saarlandes erst gar nicht an die Saar-Uni kämen. Von den 1300 einheimischen Jura-Studenten würden etwa 80 Prozent das Saarland verlassen und sich die restlichen 20 Prozent für ein anderes Fach im Saarland einschreiben. Das würde Weth zufolge im Länderfinanzausgleich mit einem Minus von 5,9 Millionen Euro zu Buche schlagen. Da ohne die Rechtswissenschaft auch der gemeinsam mit der BWL angebotene Studiengang "Wirtschaft und Recht" nicht mehr zu betreiben sei, würde das Land weitere 1,2 Millionen Euro verlieren. Unter dem Strich kommt Weth auf Ausfälle von rund sieben Millionen Euro - bei jährlichen Kosten des Faches von etwa sechs Millionen Euro. Da auch der Master-Fernstudiengang Wirtschaftsrecht für die Unternehmenspraxis ohne Juristen-Ausbildung wegfalle, fehlten der Uni auch diese Studiengebühren - weitere 1,1 Millionen Euro pro Jahr.

Schließlich beziffert Weth die negativen volkswirtschaftlichen Effekte, also die entfallenden Konsumausgaben der Studenten, auf 73 Millionen Euro bis zum Jahr 2020. Der Kaufkraftverlust der Eltern, die ihren Kindern eine Bleibe am Studienort außerhalb des Landes finanzieren müssten, schätzt er auf 41 Millionen Euro. Weth stützt sich dabei auf Analysen des Sportökonomen Professor Eike Emrich, der im vergangenen Jahr die Studie "Die Universität des Saarlandes in sozio-ökonomischer Perspektive" vorgelegt hatte.

Die für Wissenschaftspolitik zuständige Staatskanzlei teilte auf SZ-Anfrage mit, zu den im Gutachten des Wissenschaftsrates aufgeworfenen Themen seien in einem ersten Schritt mehrere Arbeitsgruppen eingerichtet worden. Die Saarbrücker Rechtswissenschaft bekommt beim Kampf für den Erhalt ihres Faches Unterstützung der übrigen juristischen Fakultäten in Deutschland. Der Deutsche Juristen-Fakultätentag, dem bundesweit 43 rechtswissenschaftliche Fakultäten angehören, bezeichnet die Empfehlung des Wissenschaftsrats, das Fach aufzugeben, als einen "willkürlichen Angriff auf die seit Jahren hervorragende Juristen-Ausbildung im Saarland". Die Saarbrücker Fakultät produziere mit zu wenig Personal sehr viele gute Absolventen, sei international so gut vernetzt wie kaum eine andere und sei die einzige Fakultät in Deutschland, die das saarländische Landesrecht lehre.

Der Vorschlag des Wissenschaftsrates wecke den Verdacht, mittelfristig die Zahl der rechtswissenschaftlichen Fakultäten zu verringern oder sie auf schlichte Rechtsschulen abzusenken und die Forschung auf außeruniversitäre Einrichtungen zu konzentrieren.

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