Kommunen wollen Mitsprache

Saarbrücken · Bürgermeister und Landräte sind in der Diskussion um Kommunalreformen gesprächsbereit. Einige Bürgermeister sind ganz froh über die neuen CDU-Ideen. Die Landräte wollen auf freiwillige Aufgaben aber nicht verzichten.

 Die CDU will, dass sich die Saar-Kommunen unter anderem den Winterdienst teilen. Foto: R. Ruppenthal

Die CDU will, dass sich die Saar-Kommunen unter anderem den Winterdienst teilen. Foto: R. Ruppenthal

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Es sei ein Papier mit "jeder Menge Sprengstoff", hatte CDU-Landeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer über das Konzept ihrer Partei für eine Verwaltungsreform gesagt. Doch politische Detonationen blieben gestern aus. Städte, Gemeinden und Landkreise - so könnte man dies interpretieren - wollen sich in der Reform-Diskussion wohl keine Wege verbauen. Sondern "auf Augenhöhe" mit der Landesregierung verhandeln, wie der Neunkircher Oberbürgermeister Jürgen Fried (SPD) es ausdrückte.

Manch einer ist sogar ganz froh über die Vorschläge. Als die CDU am Sonntag über ihr Konzept abstimmte, hoben auch alle drei anwesenden Bürgermeister und eine Landrätin die Hand. Der Koordinator der 23 CDU-Bürgermeister, Hermann Josef Schmidt, und der St. Wendeler Landrat Udo Recktenwald sollen sogar in die Vorbereitung des Konzepts eingebunden gewesen sein.

Die Bürgermeister sind erleichtert, dass der Spardruck auf die Kreise nun erhöht und diesen mehr Kostentransparenz abverlangt werden soll. "Endlich!", so Fried. Das CDU-interne Papier dürfe nun aber nicht einfach so bindende Beschlusslage der Landesregierung werden. In diesem Fall könne die Akzeptanz der Kommunen verspielt werden.
Selbst der streitlustige Landkreistag, der in den vergangenen Monaten aus Verärgerung über Mittelkürzungen des Landes vornehmlich über die Presse mit der Regierung kommunizierte, ließ Gesprächsbereitschaft erkennen. Sein Vorsitzender Udo Recktenwald erklärte: "Wir scheuen keine Diskussion um die Zukunft der Landkreise im Saarland und sind bereits jetzt gut aufgestellt. Allerdings muss diese Diskussion zwischen Land, Landkreisen und Gemeinden fair, sachlich und auf der Grundlage von Fakten geführt werden." Womit er klarmachte: Es sei falsch, dass die Landkreise wegen der Umlage nicht sparen würden und unbekümmert Geld ausgäben - das belegten Statistiken etwa fürs Personal oder die Jugendhilfe. Die Kreise seien nicht die Verursacher der kommunalen Finanznot.

Recktenwald begrüßte, dass seine Partei keine Zusammenlegung oder gar Abschaffung der Kreise wolle. Allerdings sei die von der CDU geforderte Beschränkung der Kreise auf ihre gesetzlichen Aufgaben - also auf ihre Rolle als Träger der Jugendhilfe und der weiterführenden Schulen - verfassungsrechtlich bedenklich. Die Landkreise wären offen dafür, Aufgaben der Kommunen bei sich zu bündeln.

Die CDU schlägt stattdessen sogenannte Infrastruktur-Einheiten von 30.000 bis 50.000 Einwohnern vor, in denen sich mehrere Kommunen zusammentun, um sich etwa Schwimmbäder, Standesämter, Bauhöfe oder den Winterdienst zu teilen. Fried sagte, es sei "sinnvoll, die interkommunale Zusammenarbeit auch in diese Richtung weiter zu organisieren. Diese Form der interkommunalen Zusammenarbeit könnte dann durchaus auch über Kreisgrenzen hinaus funktionieren".

Der Tholeyer Bürgermeister Schmidt bezeichnete das Papier als "sehr gute Diskussionsgrundlage". Schmidt und Recktenwald hoben hervor, dass die CDU nach langem Widerstand nun bereit sei, ein striktes Konnexitätsprinzip in der Saar-Verfassung zu verankern. Dieses besagt: Wenn das Land den Kommunen neue Aufgaben aufbürdet, muss es ihnen auch die Kosten dafür erstatten. Schmidt lobt auch die von der CDU geforderte Pflicht, von Grundstückseigentümern jährlich wiederkehrende Beiträge für den Ausbau von Straßen zu verlangen, eine Art Infrastruktur-Abgabe. "Das hilft", sagte Schmidt, die CDU-Bürgermeister seien schon länger dafür gewesen.
Der Neunkircher Oberbürgermeister Fried vermisst im CDU-Papier allerdings zwei Dinge: zum einen die Forderung nach einem Landesentwicklungskonzept, mit dem das Land festlege, welche Infrastrukturmaßnahmen für Freizeit, Sport, Kultur wie gefördert werden sollen. Und zum anderen die Forderung nach einer Befreiung der Kommunen von den Soziallasten durch den Bund. Denn diese Lasten, so Fried, seien zum Großteil verantwortlich für die Finanzmisere der Kommunen.Kritik von der Opposition - SPD will eigene Vorschläge machen


Saarbrücken. Die Vorschläge der CDU stoßen bei der Opposition im Landtag und der Saar-FDP auf Kritik. Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine nannte sie "nicht überzeugend": "Dieser Plan ist allein vom Gedanken geleitet, Mittel einzusparen und Personal abzubauen." Die Linke fordert vielmehr, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken und möglichst viele Aufgaben bei den Gemeinden zu belassen. Dazu müssten die Gemeinden jedoch stärker an den Steuereinnahmen beteiligt werden, so Lafontaine.

Die SPD will zunächst das Gutachten des Ökonoms Martin Junkernheinrich abwarten, das bis Ende des Jahres erwartet wird. Dann will die Partei eigene Vorschläge für eine Reform erarbeiten. Den von der CDU genannten Zeitrahmen von drei Jahren, innerhalb dessen sich die Kommunen zu Einheiten zusammentun sollen, bezeichnete SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn als "ambitioniert". Er begrüßte aber, dass die CDU eine Zusammenlegung der Landkreise ablehnt. Ganz anders Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich , der der Überzeugung ist, dass drei statt sechs Landkreise ausreichen. Dass CDU-Fraktionschef Klaus Meiser dies mit der Begründung ablehnt, dass sich so nur rund 25 Millionen Euro jährlich einsparen ließen, kann Ulrich nicht nachvollziehen: "25 Millionen sind eine Diskussion wert." Die FDP fordert indes, Anreize für interkommunale Zusammenarbeit zu setzen. "Damit sollte die Landesregierung sofort anfangen, statt weitere Jahre darüber zu streiten", so Landeschef Oliver Luksic. Allein von den Piraten war Positives zu hören. "Es ist gut, dass Bewegung in die Diskussion kommt", sagte Fraktionschef Michael Hilberer . Allerdings warnte er vor einer von oben diktierten Reform: "Wir brauchen jetzt eine öffentliche Diskussion mit den Bürgern darüber, für welche Leistungen sie bereit sind zu zahlen." noe

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