Kneipe der Hoffnung

Saarbrücken · Es gibt Lokale, die kenne ich nur vom Vorbeilaufen. Die Kneipe "Vier Jahreszeiten " in der Dudweilerstraße ist so ein Fall. Manchmal steht die Tür auf, und ich sehe, wie sich an Holztheke und Bierglas vornehmlich Männer festhalten.

Will man das Ambiente beschreiben, fällt einem "urig" oder "unaufgeregt" ein - so eine typische Eckkneipe eben, die ein wenig aus der Zeit gefallen scheint.

Im Gegensatz zu mir kehrte dort aber der demenzkranke Vater meiner Freundin M. ein. Er war aus dem Altersheim ausgebüxt, hatte Heimleitung und Tochter gleichermaßen in Panik versetzt und war nach einem Fußmarsch in den Stadtkern irgendwie im "Vier Jahreszeiten " gelandet. Was ihn genau dorthin verschlug, bleibt wohl - und das ist seiner Demenz geschuldet - sein Geheimnis.

Möglich, dass ihm gerade das "Aus-der-Zeit-Gefallene" gefiel, immerhin ist er selbst schon ein paar 70 und zu seiner aktiveren Kneipenzeit sahen Gaststätten eben so aus.

Als die Polizei ihn wohlbehalten und gut betüddelt ins Altersheim zurückbrachte, freuten wir uns, dass dem Vater einfach mal wieder der Sinn nach ein paar Bier unter Männern gestanden hatte.

Am nächsten Tag rief meine Freundin, die vom "Vier Jahreszeiten " noch nie etwas gehört hatte, dort an. "Ja, ja", sagte der Wirt, "Ihr Vater war hier." Meine Freundin bedankte sich, dass er die Polizei verständigt hatte und versprach, am nächsten Tag den Deckel zu bezahlen. Den Dank nahm der Wirt entgegen, doch Geld wollte er keins.

Ein Gast habe kurzerhand die Biere beglichen, berichtete er. Eine Nummer, einen Namen konnte er meiner Freundin nicht geben. Auch diese Geste ist unaufgeregt, vielleicht sogar aus der Zeit gefallen, aber vor allem ist es wunderbar menschlich. Manchmal läuft man am Guten einfach so vorbei.

Wo waren Sie noch nie drin? Schreiben Sie mir eine Mail an marija.herceg@gmx.de.

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