Klinik-Gutachten selbst erstellen

Der Gründer des Herzzentrums am Völklinger SHG-Krankenhaus, Dr. Helmut Isringhaus, ist seit gut zwei Jahren im Ruhestand. Doch der angesehene Mediziner will die Zukunft der Krankenhauslandschaft mit seinen Ideen fördern. SZ-Redakteur Dietmar Klostermann sprach mit dem Saarbrücker FDP-Politiker Isringhaus.

 Personal für die Pflege am Krankenbett fehlt vielerorts. Mit dafür verantwortlich macht Helmut Isringhaus auch die sinkenden Investitionszuschüsse des Landes an die Kliniken. Diese sparten am Personal, um moderne Geräte kaufen zu können.

Personal für die Pflege am Krankenbett fehlt vielerorts. Mit dafür verantwortlich macht Helmut Isringhaus auch die sinkenden Investitionszuschüsse des Landes an die Kliniken. Diese sparten am Personal, um moderne Geräte kaufen zu können.

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Die jetzige CDU/SPD-Landesregierung setzt bei der Krankenhausplanung auf die Zusammenarbeit oder die Fusion von Fachabteilungen verschiedener Kliniken. So geschehen kürzlich bei der Geburtshilfe zwischen Klinikum Saarbrücken und Caritas-Krankenhaus St. Theresia Saarbrücken-Rastpfuhl. Wo sind weitere solcher Kooperationen oder Fusionen möglich?

Isringhaus: Sinnvolle Kooperationen zwischen Krankenhäusern - unterstützt durch die nicht ausgenutzten Möglichkeiten der Telemedizin - sind ein Gebot der Stunde. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden genannten Kliniken war allerdings aus der Not geboren, weil die meisten Geburten in der Caritasklinik stattfanden, während die Kinderklinik auf dem Winterberg steht. Wir subventionieren mit hohen Beträgen aus Steuermitteln die Universitätskliniken. Dafür sollten sie auch als Kooperationspartner für die anderen Krankenhäuser zur Verfügung stehen, und zwar als Dienstleister, nicht als "Überklinik". Damit können Qualität und Kostensituation verbessert werden. Schließungen oder Fusionen sind nicht Selbstzweck und nur dann anzustreben, wenn dadurch mehr Qualität und eine bessere Wirtschaftlichkeit das Ergebnis sind.

Die Ergebnisse der Klinik-Befragungen hinsichtlich der Qualitätsstandards für die Bereiche gynäkologische Operationen, Geburtshilfe und Mammachirurgie durch ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss beauftragtes Institut werden erst im September 2018 vorliegen, also zu spät für die Erstellung des neuen Krankenhausplans im Saarland. An welchen Kriterien sollte sich die neue Landesregierung nach der Landtagswahl am 26. März orientieren, wenn sie den Krankenhausplan erstellt?

Isringhaus: Der Gemeinsame Bundesausschuß mit Josef Hecken an der Spitze möchte mit seinen Qualitätsstandards nicht den Ländern Empfehlungen für Klinikschließungen geben, sondern die Qualität verbessern. Unsinnigerweise steht in dem Gesetz auch, dass bei minderer Qualität das Honorar verringert werden sollte. Die Kriterien für die Planung sollten nicht von außen kommen, sondern da müssen die Beteiligten sich schon selbst in die Pflicht nehmen. Wenn die Landesregierung die Krankenhausplanung von Bundesvorgaben abhängig machen will, gibt sie mittelfristig auch die Planung aus der Hand. Es wäre optimal, wenn es die Träger der Kliniken schaffen könnten, ein vernünftiges Konzept zu erstellen, bevor der Staat regulierend eingreift. Die Schließung von Krankenhäusern ist nicht das oberste Ziel, sondern eine qualitativ gute und gleichzeitig wirtschaftliche Versorgung. Es muss nicht jedes Krankenhaus einen Herzkatheter-Messplatz haben, obwohl das System der Fallpauschalen solche Leistungen besser honoriert als die Behandlung einer Lungenentzündung bei einem alten Menschen. Leider ist das so. Es gibt da eine Fehlsteuerung durch die Fallpauschalen.

Die jetzige CDU/SPD-Landesregierung will die Zuschüsse für die Krankenhäuser , die von 38,7 Millionen Euro binnen fünf Jahren auf jetzt 28,5 Millionen Euro gekürzt worden sind, ab 2018 um vier Millionen Euro erhöhen. Reicht diese Summe aus, um die Personalnotlage an den Krankenhäusern, die auch durch die Kürzung der Landesmittel entstanden ist, zu beheben?

Isringhaus: Warum erst 2018? Warum weniger Mittel während der ganzen vergangenen Legislaturperiode? Und nach der Wahl soll es dann wieder aufwärts gehen? Ich habe da Zweifel. Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz haben wir in Deutschland die sogenannte "Duale Finanzierung" der Krankenhäuser , es besteht ein Rechtsanspruch auf staatliche Förderung für die notwendigen Investitionen. Dem kommt die Landesregierung nicht ausreichend nach. Dies führt dazu, dass am Personal gespart werden muss, um moderne Geräte kaufen zu können. Die mangelnde Finanzierung führt außerdem dazu, dass die Gebäude häufig nicht für die optimalen Abläufe eines Krankenhauses ausgelegt sind, was zusätzliche Behandlungskosten produziert. Und diese zusätzlichen Kosten tragen dann die Krankenkassen. Die gesetzlichen Krankenkassen subventionieren damit - neben den privaten Krankenkassen - indirekt unsere Krankenhäuser .

Sie als Listenkandidat der FDP für die Landtagswahl lehnen sicher eine Steuererhöhung ab, um die Krankenhäuser zu stärken, was die Personaldecke und auch die Anschaffung moderner Geräte anbelangt. Doch wo sollen die Mittel dafür herkommen?

Isringhaus: Es ist interessant, dass offenbar die moderne Ausstattung der Krankenhäuser und deren Personaldecke weniger wichtig sind als manch anderes Projekt, in dem das Geld versickert. Ja, natürlich bin ich gegen Erhöhung von Abgaben. Hohe Grundsteuern, Grunderwerbssteuern und Gewerbesteuern sind ein Hindernis für Zuzug in unser Land und ein Problem für junge Familien und unsere Unternehmen. Die Ausgaben des Landes müssen anders gewichtet werden, und durch sinnvolle Strukturänderungen muss Geld eingespart werden. Muss denn ein teures externes Gutachten in Auftrag gegeben werden, um die Krankenhausplanung vorzubereiten? Die Ressourcen des Ministeriums sollten dafür ausreichen.

Sie haben sich vor mehr als 25 Jahren als Gründer des zweiten Herzzentrums im Saarland in der Völklinger SHG-Klinik einen Namen gemacht. Sind Ihrer Ansicht nach auch heute solche Neugründungen noch möglich? Für welche Krankheitsbilder fehlen solche Zentren derzeit im Saarland?

Isringhaus: Ich würde sagen, dass unser Projekt nicht das zweite, sondern das erste Herzzentrum des Saarlandes war. Der Zentrumsgedanke beinhaltet ja die Erkennung und abgestimmte Behandlung von Krankheiten durch Experten unterschiedlicher Fachrichtungen. Inzwischen sind viele weitere Zentren für andere Erkrankungen wie Darm- oder Brustkrebs gegründet worden und machen gute Arbeit. Wir haben das Lungenzentrum gegründet, das zu einer Konzentrierung und Verbesserung der Behandlung von Patienten mit Lungenerkrankungen geführt hat. Der Zentrumsgedanke hat sich durchgesetzt.

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