Kleinigkeiten, die die Stimmung beeinflussen

Saarbrücken · Eine Studentin der Kunsthochschule des Saarlandes packt Aussagen über Flüchtlinge in kurze Sätze und verteilt sie in der Stadt: eine künstlerische Arbeit mit gesellschaftlicher Wirkung.

Die Botschaften kommen schwarz auf weiß oder weiß auf schwarz bei uns an. Wer mag, kann sie verschicken, denn Julia Pierzina hat Postkarten drucken lassen. Darauf steht beispielsweise "Wer ein Smartphone hat, dem kann es nicht schlecht gehen." Das ist einer dieser kurzen prägnanten Sätze, in die sie Vorurteile und Missverständnisse gegen Flüchtlinge packt. Die tragen ihre Smartphones auch mit sich, um Nachrichten nach Hause zu schicken. Denn man hat sie gebeten, "Melde dich damit, wenn du in Sicherheit bist". So steht es dann im zweiten Text der Postkarte, als Auflösung des Vorurteils.

Julia Pierzina, 24-jährige Studentin von "Media Art & Design" macht Ende Juli ihren Bachelor-Abschluss bei Professor Erik Lanz an der Kunsthochschule des Saarlandes. Die 16 Postkarten mit Sätzen von und über Flüchtlinge sind Teil davon. Hinzu kommen sechs große Plakate, die seit ein paar Tagen im Saarbrücker Stadtbild auftauchen. Heute zum letzten Mal.

Mit der Kampagne Fluchtpunkt-Perspektive will Julia Pierzina aufmerksam machen "auf die Kleinigkeiten, die das Stimmungsbild beeinflussen".

Ihr Studium ist ein künstlerisches, doch sie wollte auch etwas Gesellschaftsrelevantes machen. Auslöser für diese Überlegung war die Arbeit in einem Flüchtlingsheim in Nordrhein-Westfalen. Die Menschen dort sind ihre Freunde geworden und sie fing an, Geschichten aufzuschreiben. Seit Oktober arbeitet sie daran, nimmt sich jetzt mit den groß auf Werbeflächen aufgezogenen Motiven auch des Stadtraums von Saarbrücken an. Zu sehen sind sie auf dem Gerberplatz, in der Großherzog-Friedrich-Straße 20, in der Heuduckstraße 19, an der Kreuzung Karl-Marx-Straße/Reichsstraße, in der Richard-Wagner-Str. 81 und an Kreuzung Vorstadtstraße/ Metzer Straße.

Die Postkarten nennt sie "Mitnehmbotschaft" und dies ist dann die Werbebotschaft, die zum Nachdenken oder gar Umdenken auffordert.

Am wertvollsten sind ihr die persönlichen Reaktionen auf ihre Gedanken, etwa, wenn ein Ehepaar am St. Johanner Markt, wo sie die Postkarten verteilt hat, sie zum Kaffee einlädt. Und zum Gespräch. Schön auch, wenn sich jemand aus den 16 Postkarten die Botschaft aussucht, die ihm vertraut ist, ihn an eine Situation erinnert, die er kennt. "Immer wieder das gleiche Gedudel" lautet eine. Und darunter steht "Alad hat eine App, die ihm seine Gebetszeiten ansagt." Oder "Yasin und Amar haben Angst vor dem ersten Ferientag - Jemand sagte: Familien mit Kindern werden in der Unterrichtszeit nicht abgeschoben." Das mag nicht stimmen, trifft aber die Ängste vieler Flüchtlinge genau.

Julia Pierzina möchte auch nach dem Examen weitermachen mit ihrer Kampagne. Sie ist überzeugt: "Ich bin auf einem guten Weg."

Auf der Website www.fluchtpunkt-perspektive.de sind alle 16 Motive zu sehen.

 Eines der Plakate, die in der Stadt zu sehen sind. Foto: Julia Pierzina

Eines der Plakate, die in der Stadt zu sehen sind. Foto: Julia Pierzina

Foto: Julia Pierzina

fluchtpunkt-perspektive.de

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