Kirche besorgt über Extremismus

Saarbrücken · Die Landesregierung und die Oberhäupter der evangelischen Landeskirchen haben über die Auswirkungen der Flüchtlingskrise gesprochen. Die Kirchenvertreter warnten vor Extremismus, sehen aber auch die Muslime in der Pflicht.

Ernste Themen, aber auch ein Plausch: Präses Manfred Rekowski, Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kirchenpräsident Christian Schad im Innenhof der Staatskanzlei. Foto: Becker&Bredel

Ernste Themen, aber auch ein Plausch: Präses Manfred Rekowski, Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kirchenpräsident Christian Schad im Innenhof der Staatskanzlei. Foto: Becker&Bredel

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Wie wirkt sich die Flüchtlingskrise auf die Gesellschaft aus und warum gewinnt eine rechte Partei wie die AfD immer mehr an Zuspruch? Diese Fragen standen gestern im Mittelpunkt des Spitzengesprächs der Evangelischen Kirchen im Saarland und der Landesregierung in der saarländischen Staatskanzlei. "Wir erleben, wie beunruhigt die Gesellschaft ist, wie extreme Kräfte auf fruchtbaren Boden treffen und wie über das Verhältnis der Religionen zueinander sowie zum Staat diskutiert wird", sagte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ). Es sei Aufgabe der Politik, aber auch der ganzen Gesellschaft, diese Herausforderungen anzunehmen.

Manfred Rekowski, Präses der Rheinischen Landeskirche, und Christian Schad, Präsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, lobten beide die Flüchtlingspolitik des Saarlandes als beispielhaft. Das Saarland habe 2015 mehr als 13 000 Menschen aufgenommen. Dies sei eine gewaltige Kraftanstrengung, die das Land gemeistert habe. Mit Anspielung auf den berühmten Satz von Kanzlerin Angela Merkel, "Wir schaffen das!", sagte Rekowski: "Im Saarland ist nicht alles einfach, aber hier wird heute schon vieles geschafft."

Angesichts einer Politik der Flüchtlingsabwehr und der Abschottung in Europa erinnerte Präses Rekowski an die Verantwortung aller Christen, für Menschen einzutreten, die aus ihrer Heimat flüchten müssen.

Die Themen AfD und Islam nahmen großen Raum im Rahmen des Spitzengespräches ein. "Wir stellen fest, dass viele Bürger den Staat in der Flüchtlingsfrage als nicht handlungsfähig erlebt haben", so Rekowski. "Einige stellen dadurch ihre Loyalität zum Staat infrage." Die Kirchenvertreter sehen es als gemeinsame Aufgabe von Kirche, Gesellschaft und Staat, gegen rechtes Denken, Islamfeindlichkeit und den wachsenden Rechtspopulismus einzutreten. "Ich gebe keine Wahlempfehlungen ab", sagte Kirchenpräsident Schad. Er lehne ein System der klerikalen Bevormundung ab. "Allerdings sind rechtsextreme Positionen und die Verteufelung des Islams nicht mit dem christlichen Menschenbild vereinbar", machte Schad deutlich.

Schad sieht in der gesellschaftlichen Debatte aber auch die muslimischen Gemeinden Europas in der Pflicht. Diese müssten klar Position beziehen: "Zu Europa kann nur ein Islam gehören, der mit den Menschenrechten vereinbar ist." Ein fundamentalistischer Islam dürfe sich in Europa nicht etablieren. Islamischen Schulunterricht auf dem Boden des Grundgesetzes hält Schad für einen guten Ansatz zur Vermeidung von Radikalisierung.

Radikale Religionsausübung sei aber kein Alleinstellungsmerkmal des Islams, sagte Schad selbstkritisch. "Auch in den christlichen Kirchen gab und gibt es fundamentalistische Strömungen", so der Kirchenpräsident.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und die Kirchenvertreter waren sich einig, sich mit den Positionen der AfD auseinandersetzen zu müssen. "Wir dürfen der AfD nicht die Chance lassen, sich zum politischen Märtyrer zu stilisieren," so Kramp-Karrenbauer. "Wir müssen den argumentativen Häuserkampf mit der AfD suchen und uns in der Sache mit der Partei auseinandersetzen." Auf die Frage, ob der islamfeindliche Kurs der AfD gegen die Verfassung verstoße, antwortete die Ministerpräsidentin, dies müssten Verfassungsrechtler entscheiden. "Mit dem Geist des Grundgesetzes ist dieser Kurs aber nicht vereinbar", so Kramp-Karrenbauer.

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