Keramiken erinnern an Noten eines Musikstücks

Saarbrücken · „Kunst im öffentlichen Raum“ bleibt oft unbeachtet. In unserer Zeit beinhaltet sie nicht nur Mosaiken oder Wandreliefs, sondern auch Gemälde und Skulpturen. Die Publikation „Kunst auf dem Campus“ gab die Anregung, ausgewählte Künstler und deren Werke auf dem Saarbrücker Unigelände vorzustellen. Heute: Bernard Schultze.

 Detail des Keramikreliefs von Bernard Schultze. Foto: Jörg Pütz

Detail des Keramikreliefs von Bernard Schultze. Foto: Jörg Pütz

Foto: Jörg Pütz

Auf den ersten Blick wirken die kreiszylindrischen Keramiken an der Treppenhauswand des Musiksaals (Geb. C5.1, 1. OG) wie schräg geschnittene, von der Natur gezeichnete Holzstücke. War denn Bernard Schultze, der diese 4,9 Meter breite und 1,1 Meter hohe Installation im Jahre 1964 schuf, nicht ein bedeutender Vertreter des Informel? Doch, aber er wurde auch als informeller Romantiker bezeichnet, weil er seine Werke um Themen wie Wachstum und Verfall, Körperlichkeit und Naturprozesse kreisen ließ. Bewusst kreierte er Gegenwelten, in denen er eine Gegenposition zur geometrischen Abstraktion suchte. Vor diesem Hintergrund vollzieht sich jene Assoziation zur Natur: Hier wie dort geht es um Spontaneität und nicht kalkulierbare Individualität. Wie die Natur Details oft mannigfaltig auffächert, so hat auch Schultze jeder dieser Keramiken aus dem Jahr 1964 ein individuelles Gesicht verliehen. Manche sind im Äußern, manche im Inneren farbig gemasert. Andere in verschiedenen homogenen Farben mal matt, mal glänzend glasiert, wobei die Farbskala von Rot- über Grau- und Brauntöne bis hin zu klarem Weiß und glänzendem Schwarz reicht. Zudem hat der Künstler seine 42 Keramikelemente auf der großen weißen Wand wie wahllos in vier Reihen über- und nebeneinander positioniert. Zwei der Keramiken nehmen jeweils eine Sonderstellung in Form und Position ein: mit ihrer schwarzen Rundung ragen sie gerade in den Raum und bilden eine spannungsvolle Ergänzung. Doch während die linke im großen Abstand vom Relief gesetzt wurde, befindet sich die rechte als eine Art Schlusspunkt direkt neben der oberen Reliefreihe.

So hat Schultze hier ein Gefüge verschiedener Formvarianten geschaffen, das trotz der Einfachheit der Grundformen sehr abwechslungsreich einherkommt. Gerade dieser Abwechslungsreichtum ist es, der in Verbindung mit dem linienartigen Aufbau leicht den Bogen zu diesem Ort schlagen lässt. Wie die Noten eines Musikstückes als rhythmisches Gefüge erklingen, verbinden sich die einzelnen Keramiken hier zu einer bewegten, stimmigen Gesamtkomposition.

Zahlreiche Kunstpreise

Bernard Schultze wurde 1915 in Westpreußen geboren. Nach seinem Kunststudium in Berlin und Düsseldorf lebte er bis 1968 in Frankfurt/Main und schuf 1951 erste informelle Bilder. Er nahm 1964 an der dritten Documenta in Kassel teil, arbeitete in Paris und New York und erhielt zahlreiche Kunstpreise. 1972 wurde er ordentliches Mitglied der Berliner Akademie der Künste. Bernard Schultze starb 2005.

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