Kein Krake mit acht Armen

Das Hamburger Duo Binoculers steht für Dreampop und 60er-Jahre-Psychedelia. Gerade ist neues Album erschienen.

 „Sun Sounds“ lautet der Titel des neuen Albums von Daniel Gädicke und Nadja Rüdebusch. Foto: David Rankenhohn

„Sun Sounds“ lautet der Titel des neuen Albums von Daniel Gädicke und Nadja Rüdebusch. Foto: David Rankenhohn

Foto: David Rankenhohn

Es heißt, der Ursprung für Ihr aktuelle Album "Sun Sounds" hatte mit Stadtflucht zu tun. Für die Produktion sind Sie von Hamburg aufs niedersächsische Land gezogen. Warum?

Gädicke In dem Moment, in dem wir Songs schreiben, brauchen wir Ruhe. Wir sammeln erst über die Zeit unzählige Eindrücke. All diese Ideen und Songfragmente lassen sich jedoch am besten verarbeiten, wenn nichts um uns herum passiert.

Aber wenn ich das richtig verstanden habe, leben Sie lieber in der Stadt als auf dem Land? Zu viel Ruhe ist demnach auch nicht gut ...

Gädicke Das ist korrekt. Inmitten von Hamburg findet unser alltägliches Leben statt. Das ist auch gut so - gerade im Hinblick auf all die Einflüsse, denen wir dort ausgesetzt sind. Fürs Songschreiben und Arrangieren fühlen wir uns allerdings auf dem Land wohler. Rüdbusch: Wir brauchen beides als Inspiration. Erst das In-der-Stadt-vollgeladen-werden und das zumeist urbane Leben auf Tour, und dann auf der anderen Seite das Landleben fürs Schreiben und Produzieren.

Früher war Binoculers ein Ein-Frau-Projekt; seit 2015 ist Gädicke mit von der Partie. Inwiefern hat sich durch ihn der Sound des Projekts verändert?

Rüdbusch: Durch Daniel ist alles viel rhythmischer und dynamischer geworden. Außerdem hat er psychedelische Einflüsse mit in die Musik gebracht. Die ist insgesamt raumgreifender und größer geworden und klingt mehr nach einer Band.

War es ein großer oder gar schwieriger Schritt, ihn in Ihr Soloprojekt zu integrieren und ihn mitreden und mitentscheiden zu lassen?

Rüdbusch: Daniel ist schon lange bei Binoculers im Hintergrund aktiv, weil er schon meine vorherigen Alben produziert hatte und somit auf minimalistische Art immer schon etwas beigesteuert hat. Für mich gab es seit jeher den Wunsch, dass das Projekt größer wird. Es sollte mehr rhythmische Elemente geben und alles effektbeladener und orchestraler klingen. Das konnte ich alleine natürlich nicht bewerkstelligen. Daher ist Daniel eine absolute Bereicherung. Kurzum: Es war überhaupt kein schwerer Schritt, ihn dazu zu holen.

Sie sprachen die vorherigen Werke an. Das wie vielte Album ist "Sun Sounds" denn nun?

Rüdbusch: Ich habe mit dem Projekt solo begonnen und zwei Alben alleine gemacht. Die fallen für mich allerdings aus der Zeitrechnung raus. Erst 2015 ging es für uns richtig los, als wir das erste Album zu zweit veröffentlichten. Das war eine Zäsur. "Sun Sounds" ist jetzt unser zweites Album.

Die Songs auf dem Album klingen so, als hätten Sie im Studio viele Effekte und Instrumente eingesetzt. Wie funktioniert deren Liveumsetzung zu zweit?

Rüdbusch: Tatsächlich haben wir für dieses Album sehr lange an der Umsetzung der Songs getüftelt. Wie schon auf dem Vorgängeralbum haben wir eine sehr dichte Atmosphäre erschaffen. Es gibt viele Sounds und viele verschiedene Klangflächen, die Daniel mit einem Sampler generiert und auf der Bühne hinter dem Schlagzeug abruft.

Gädicke: Viele Sounds tauchen live als Samples auf. Wir machen tatsächlich sehr viel auf der Bühne und müssen uns dabei sehr konzentrieren. Aber wir üben im Vorfeld von Konzerten sehr viel, so dass uns die Liveumsetzung nicht zu schwer von der Hand geht. Die Balance stimmt: Es klingt live alles so wie auf dem Album, wir fühlen uns aber dennoch nicht wie ein Krake mit acht Armen.

Das Gespräch führte Kai Florian-Becker.

Termin: Binoculers live am Dienstag, 11.04., um 21 Uhr im "Zing" (Rotenbergstraße 37) in Saarbrücken. Weitere Informationen und dem Duo gibt es im Internet: www.binoculers.de

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