„Kein Dauerabo für große Koalition“

Der Saartalk ist eine Gesprächsreihe von SR und SZ. Diesmal stellten sich die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, und der Fraktionschef der Saar-Linken, Oskar Lafontaine, den Fragen der Chefredakteure Norbert Klein (SR) und Peter Stefan Herbst (SZ). SZ-Redakteurin Ute Klockner hat das Gespräch in Auszügen dokumentiert.

 Saar-Linkenfraktionschef Oskar Lafontaine und Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter im Gespräch mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (von links). Foto: Oliver Dietze

Saar-Linkenfraktionschef Oskar Lafontaine und Grünen-Bundesvorsitzende Simone Peter im Gespräch mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (von links). Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Herbst: Wie stehen die Chancen für rot-rot-grüne Koalitionen nach den nächsten Wahlen?

Peter: Wir müssen auf jeden Fall daran arbeiten, sowohl im Saarland wie auch in Berlin, der großen Koalition kein Dauerabo zu geben. Aber wir sagen klar: Wir setzen unsere Inhalte nach vorne. Es geht uns um die Verbindung zwischen Ökologie, sozialer Gerechtigkeit und Ökonomie.

Lafontaine: Wir müssen davon ausgehen, was jetzt notwendig ist. Wir wollen eine bessere Rentenformel (. . .), eine andere Arbeitslosenversicherung (. . .), ein gerechteres Steuersystem (. . .) und eine Außenpolitik, die sich am Beispiel Willy Brandts orientieren würde.

Klein: Warum funktioniert Rot-Rot-Grün in Thüringen und nicht auf Bundesebene?

Peter: Wir haben andere Herausforderungen. Auf der Landesebene wird weniger über Europa und Außenpolitik diskutiert. (. . .) Für uns gehört die Prävention, der politische und nicht der militärische Ansatz, ganz oben auf die Agenda. Wir sagen aber, im Ausnahmefall muss es eine Unterstützung geben, dann aber unterstützt von den Vereinten Nationen.

Lafontaine: Das Problem ist die Bundesebene. Wir machen nach Afghanistan, nach Libyen, nach Syrien und all dem, was da passiert ist, keine Interventionskriege mehr mit. Das ist bekannt. Wenn man sich da nicht einigen kann, gibt es eben keine Zusammenarbeit.

Herbst: Zu den Demonstrationen der Pegida sind in den letzten Wochen tausende Menschen gekommen. Hat sie das überrascht?

Lafontaine: (. . .) Vielleicht hat man das Pegida-Thema ein bisschen hoch gezogen. Was festzustellen ist, ist eine allgemeine Unzufriedenheit mit Politik und Journalismus, die sich auch dadurch äußert, dass die Leute nicht mehr zur Wahl gehen. Das bereitet mir in einer Demokratie auch Sorge.

Klein: War es richtig, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel das Gespräch mit Pegida gesucht hat?

Lafontaine: Mit Leuten wie so einem Kriminellen, der die Bewegung zunächst angeführt hat, darf man nicht das Gespräch suchen, um sie nicht aufzuwerten. Aber mit den Leuten, die da mitgegangen sind, die nicht alle Nazis sind, muss die Politik das Gespräch suchen.

Peter: Da möchte ich widersprechen. Studien zeigen, dass die Leute wissen, wem sie da hinterherlaufen. (. . .) Und wenn man sich mit den Dresdnern unterhält, dann merkt man: Die Fremdenfeindlichkeit hat zugenommen.

Klein: Wie bewerten Sie den Wahlsieg von Alexis Tsipras in Griechenland ?

Lafontaine: Das ist für mich eine Möglichkeit, in Europa zu einer anderen Politik zu kommen. Die jetzige Europapolitik, insbesondere die von Frau Merkel, ist grandios gescheitert. Wenn Staaten sparen, sinken dramatisch die Einnahmen und die Schulden werden immer größer.

Peter: Es muss jetzt darum gehen, eine europäische Debatte loszutreten, wie wir die Schulden auch anderer europäischer Länder, die Investitionsmüdigkeit bekämpfen und das nachlassende Wachstum ankurbeln können. (. . .) Kritisch sehe ich durchaus, dass Tsipras ein Bündnis mit den Rechten eingegangen ist.

Klein: Haben Sie da ein Argumentationsproblem?

Lafontaine: Nicht das Geringste. (. . .) Natürlich ist es für eine linke Partei schwierig, mit den Rechten zu paktieren. Aber: Nur Leute, die nicht den blassesten Schimmer haben, behaupten, das wäre so, als wenn die Linke mit der AfD koalierte. Die AfD ist gegen den Schuldenschnitt, die griechische Partei macht den Schuldenschnitt mit. Die AfD ist für Renten- und Lohnkürzungen. Die griechische Partei ist komplett dagegen.

Peter: Es geht hier doch um ganz andere Fragen, wie die Themen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Da braucht man eine ganz klare Distanzierung.

Herbst: Die Landesregierung plant eine Straßenbauabgabe für Grundbesitzer. Will sie Löcher stopfen, die sie durch Steuersenkungen für Unternehmen und Topverdiener aufgerissen hat?

Lafontaine: Selbstverständlich. Die Arbeitskammer hat errechnet, dass in Gemeinden durch diese Steuersenkungen 132 Millionen Euro im Jahr fehlen. Wir bräuchten diesen ganzen Mist nicht, wenn man eine ordentliche Steuerpolitik machen würde.

"Der Wahlsieg von Alexis Tsipras ist eine Chance für ganz Europa"

Zum Abschluss des Saartalks gilt es traditionell für die Gäste der Sendung, eine Reihe von vorgegebenen kurzen Sätzen schnell und auch möglichst spontan zu ergänzen.

Herbst: Meine Arbeit in Berlin unterscheidet sich von der in Saarbrücken...?
Peter: ...dass sie mehr Herausforderungen und Chancen bietet, die Politik im nationalen, europäischen, globalen Kontext mitzugestalten (...) und wir auf eine Stärkung in den nächsten Wochen und Monaten setzen.

Klein: Der Wahlsieg von Alexis Tsipras in Griechenland ?
Lafontaine:
...ist eine Chance für ganz Europa, zu einer besseren Politik zu kommen, damit Löhne und Renten wieder steigen können.

Herbst: Der Euro ist...?
Peter:
... die zentrale Währung Europas und ich setze darauf, dass wir weiter an Europa und der Eurozone festhalten, sie aber gestalten. - ökonomisch wie sozial und ökologisch.

Klein: Ich werde 2017 als Spitzenkandidat der Linken bei der saarländischen Landtagswahl noch mal antreten, wenn...?
Lafontaine:
Ich muss vorher meine Gesundheit kennen. Das kann ich jetzt leider nicht sagen. Und insofern müssen Sie auf eine Antwort warten, bis ich diesen Gesundheitscheck gemacht habe.

Herbst: An Oskar Lafontaine schätze ich, dass...?
Peter:
... wir immer gut miteinander diskutieren können und ganz privat gesagt, dass er sehr bewegende Worte angesichts des Todes meiner Mutter vor einem Jahr gesprochen hat.

Klein: An Simone Peter schätze ich, dass...?
Lafontaine:
Da gibt es die familiäre Verbundenheit. Und um ein bisschen zu frotzeln: Dass sie nicht so nervt wie ihr männlicher Partner als Bundesvorsitzender.

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