Kauft vor der Haustür!

Es gibt eine Sache, da muss mir niemand mit Vernunft kommen: Kosmetik. Unter meinem Badspiegel sammelt sich seit einigen Jahren ein ganzes Spalier der Hoffungsträger gegen Falten, Augenringe und müden Teint.

Umso älter ich werde, umso länger wird meine teure, aber wenig wirkungsvolle Placebo-Armada auf der Ablage. Ich weiß, dass meine schicken Tiegel und Tuben nichts von ihrer Makellosigkeit an mich weitergeben. Aber darum geht's nicht. Die Kosmetikindustrie verkauft Hoffnung, keine Ratio.

Neulich in einer Parfümerie freute ich mich einmal mehr, als eine Verkäuferin mir den Effekt eines Beautyprodukts auf ihrem Handrücken vorführte. "Oh, ha. Gekauft!", quittierte ich ihre Bemühung. An der Kasse fragt sie mich, ob ich auch online shoppe. "Wenn alle nur noch online shoppen, haben Sie bald keinen Job mehr. Ist doch irgendwie makaber, oder?", fragte ich. "Stimmt. Ist aber Order von oben", antwortete sie und ließ dabei ihre Schultern fallen.

Ein paar Tage später lief mir schnellen Schrittes mein Nachbar auf der Treppe entgegen. Er müsse seine Pizza unten auslösen, murmelte er. Auf dem Rückweg erklärte er mir, dass sich der Pizzabote schlicht weigere, die Order in den vierten Stock zu liefern. Nach einem unvermeidbaren Servicewüste-Deutschland-Gespräch sagte ich aber: "Eigentlich hat er Recht. Für fünf Euro die Stunde sollte man sich keinen abbrechen. Selbst dann nicht, wenn es den Job ad absurdum führt." "Auch wieder wahr", befand mein Nachbar und grinste.

In meiner Küche tat ich dann das, was auch die Parfümerie-Verkäuferinnen tun sollten: Ich pfefferte den Online-Gutschein in die Mülltonne. Die Gewinnoptimierung, die auf lokale Geschäftsstellen verzichtet, muss ohne mich laufen. Kosmetik gibt's online, aber nicht den Job. Hoffnung verkauft man besser auf einem Handrücken. Zumindest mir.

Was wollen Sie nicht geschenkt? Schreiben Sie eine E-Mail an marija.herceg@gmx.de.

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