Katholische Tradition in Gefahr?

Saarbrücken · Mariä Himmelfahrt ist im Saarland arbeitsfrei. Kein anderes Bundesland hat diesen Feiertag, bis auf 1704 katholische Gemeinden in Bayern. Doch wie wichtig ist der Tag hierzulande noch? Die SZ hat nachgefragt.

 In Ormersviller/Lothringen bei Peppenkum/Saarland wird Mariä Himmelfahrt seit mehreren Jahren mit einem deutsch-französischen Begegnungsfest gefeiert. So auch gestern. Foto: Wolfgang Degott

In Ormersviller/Lothringen bei Peppenkum/Saarland wird Mariä Himmelfahrt seit mehreren Jahren mit einem deutsch-französischen Begegnungsfest gefeiert. So auch gestern. Foto: Wolfgang Degott

Foto: Wolfgang Degott

Ausgeschlafen, mal etwas Zeit mit der Familie verbracht oder liegen gebliebene Hausarbeit erledigt? Gestern war für die Saarländer arbeitsfrei. Mariä Himmelfahrt sei Dank. Der Rest Deutschlands musste arbeiten. Das Saarland hat als einziges Bundesland den 15. August zum gesetzlichen Feiertag gemacht. Nur in Bayern gilt das in 1704 überwiegend katholischen Gemeinden ebenso. Zum Vergnügen vieler Einwohner. "Wir freuen uns mit den Saarländern, dass wir diesen Feiertag haben", sagt CDU/SPD-Regierungssprecher Thorsten Klein .

Trotz des kirchlichen Ursprungs des Feiertags wird der Tag hierzulande gar nicht mehr so traditionell gefeiert. "Es ist ein schöner, großer Feiertag, der aber in den vergangenen Jahren für die Bevölkerung an Charakter verloren hat", sagt Dechant Benedikt Welter von der Saarbrücker Pfarrei St. Jakob. In Homburg ist diese Entwicklung auch zu beobachten. "Christliche Feste verlieren im Saarland generell an Bedeutung, das ist der allgemeine Trend. Gefeiert wird immer noch, aber nicht mehr so kirchlich", sagt Pfarrer Pirmin Weber vom Pfarramt St. Andreas.

Traditionell gibt es an Mariä Himmelfahrt als Zeichen für das Leben eine Kräutersegnung. Denn nach der Legende nehmen die Apostel an Marias Grab einen Kräuterduft wahr, dieser sei ein Sinnbild für ein Dasein nach dem irdischen Leben, erklärt Weber. In einigen Kirchen im Saarland werden also traditionell Kräuter gesammelt und gesegnet. An der Josephskapelle in Ormersviller/Lothringen nahe der Grenze zum Bliesgau gibt es sogar ein Deutsch-Französisches Begegnungsfest mit einer Prozession. "Prozessionen sind im Saarland am 15. August nicht verbreitet, hier wird überwiegend mit Gottesdiensten Mariä Himmelfahrt gefeiert", sagt Welter. In Frankreich ist Mariä Himmelfahrt auch ein staatlicher Feiertag. Denn der 15. August ist zudem der Geburtstag von Napoleon Bonaparte. Vielleicht sei das und die enge Verbindung zu Frankreich auch ein Grund, weshalb an diesem Tag im Saarland arbeitsfrei ist.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes begrüßt den katholischen Feiertag hingegen nicht. "Viele Saarländer fahren an diesem Tag zum Einkaufen nach Rheinland-Pfalz oder Frankreich und geben dort ihr Geld aus", sagt die stellvertretende IHK-Geschäftsführerin Heike Cloß. Es handele sich zwar nur um einen Tag, aber das Geld, das der Saarländer woanders ausgibt, sei ausgegeben und so ein Verlust für die saarländische Wirtschaft. "Wir haben mehr Feiertage als der Bundesdurchschnitt. Da ist es völlig klar, dass die Wirtschaft belastet wird", erläutert Cloß.

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Hintergrund Am 15. August feiert die katholische Kirche das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Es hat seinen Ursprung in der Ostkirche, wo es im Jahr 431 eingeführt wurde. In der römischen Kirche wird die in der Bibel nicht beschriebene Aufnahme Mariens in den Himmel seit dem 7. Jahrhundert gefeiert, in Deutschland seit dem 9. Jahrhundert. Papst Pius XII. (1939-1958) verkündete 1950 als bislang letztes katholisches Dogma die "leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel". Der Lehrsatz unterstreicht die für das christliche Menschenbild wesentliche Zusammengehörigkeit von Leib und Seele. In katholischen Regionen Deutschlands, vor allem im Süden, ist das auch "großer Frauentag" genannte Fest mit einer Reihe von Bräuchen verbunden, etwa Lichterprozessionen und Kräuterweihen. Dabei werden bis zu 77 verschiedene Kräuter und andere Pflanzen gesammelt, zu "Buschen" zusammengebunden und im Gottesdienst gesegnet. kna

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