Kampf gegen „unheimlich Blödsinniges“

Saarbrücken · Überall in Stadt und Land ins Internet, ohne ein Passwort eingeben zu müssen oder sogar etwas zu bezahlen – das wäre so einfach, sagt der Piraten-Landtagsabgeordnete Andreas Augustin. Wenn es da nicht ein Gesetz gäbe, dass Menschen, die ihren Netzanschluss für andere öffnen, womöglich zu Kriminellen macht.

 Andreas Augustin mit Freifunk-Routern. Foto: Becker & Bredel

Andreas Augustin mit Freifunk-Routern. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Die kleinen Kästchen haben etwas Teuflisches. Ihre Antennen ragen wie Hörner in die Höhe. Und für so manchen Behörden-Menschen und den einen oder anderen Politiker sind sie das auch: Teufelszeug.

Mit den kleinen Geräten, die für 15 bis 20 Euro zu haben sind, kann man nämlich private Internetanschlüsse offen für alle machen. Freifunk-Router nennt man die Kästchen mit den Antennen . Wer sie bei sich zu Hause, in seinem Geschäft oder in seiner Kneipe aufstellt, ermöglicht es damit allen, die in der Nähe sind, sich mit ihren Handys, Tablets, mobilen oder stationären Computern ins Internet einzuloggen - über WLAN, also ohne Kabel. Man muss dazu auch kein Passwort eingeben.

Klingt gut, ist technisch recht einfach, aber rechtlich womöglich eine üble Sache, erklärt Andreas Augustin . Der Mann, der für die Piratenpartei im Landtag sitzt, ist der Kopf einer kleinen Gruppe von Freifunkern. Deren Ziel ist es, mit den kleinen Kästchen "eine flächendeckende Abdeckung innerhalb des Saarlands zu erreichen, sodass überall für jeden, der es nutzen möchte, freies WLAN zur Verfügung steht".

330 solcher Kästchen stehen bereits im ganzen Land, die meisten davon im Ballungsraum Saarbrücken . Mit jedem einzelnen dieser Router trotzen die Freifunker einer "unheimlich blödsinnigen Regelung", wie Augustin sagt. "Störhaftung" heißt die Keule, mit der der Gesetzgeber den Menschen die Lust am kostenlosen Teilen ihres Internetanschlusses aus dem Kopf schlagen will.

Diese "Störhaftung", erklärt Augustin, nimmt denjenigen, der seinen Internetanschluss ohne Passwort frei zugänglich macht, in die Verantwortung für alles, was Menschen, die sich da einloggen, im Internet womöglich anstellen. Wenn also jemand auf illegale Pornoseiten geht oder Musik kopiert, ohne sie zu bezahlen, dann wird auch derjenige belangt, auf dessen Namen der Internetanschluss läuft - und der ihn bezahlt.

Die Freifunk-Initiative nimmt diejenigen, die Router zum Teilen des Zugangs installieren, aus dieser Haftung raus, indem sie - vereinfacht formuliert - die Verbindung über einen ihrer durch Spenden finanzierten Internetserver umleiten. Die Initiative könne also technisch beraten und "von der Störerhaftung befreien", sagt Augustin. Nur die Internetanschlüsse selbst kann sie nicht zur Verfügung stellen. Dazu werden weitere Menschen gebraucht, die mitmachen. "Wir sind ja nicht Gott und können sagen: ,Es werde Internet!'", scherzt Augustin.

"Ich bin der festen Überzeugung, dass der Mensch ein soziales Wesen ist und teilen will. Es gibt wenige Dinge, die man anderen geben kann, ohne dass man sie selbst nicht mehr hat. Aber mit dem Internet funktioniert das", sagt er.

Und Geben ist auch in diesem Fall auch ein Nehmen. Denn wenn man selbst unterwegs ist, freut man sich auch, wenn man überall ohne Probleme ins Netz kommt.

Weil das Internet insbesondere für Flüchtlinge der oft einzige Weg ist, Kontakt zu Freunden und Verwandten zu halten, installieren die Freifunker gerade in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften ihre kleinen Kästchen.

saar.freifunk.net

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