Kampf gegen das Methan: Jetzt wird gebohrt

Der Kampf gegen das Methan unter Alt-Saarbrücken geht weiter: Ab Mitte April wird der obere Teil des Viertels an 20 Stellen angebohrt. 3,5 Millionen Euro stehen für das zweite Absaugsystem bereit.

Alt-Saarbrücken. "Nach Ostern, etwa Mitte April" will die Stadt mit dem Bau des neuen Methan-Absaugsystems im oberen Teil von Alt-Saarbrücken beginnen - fast genau zwei Jahre und vier Monate nach der Methan-Explosion vom 1. Weihnachtstag 2006 (siehe Text rechts).

Heute Abend beantworten Sicherheitsdezernent Paul Borgard (Foto: bub) und andere Fachleute die Fragen der Bürger zu diesem Projekt - ab 18 Uhr in der Halle des Alt-Saarbrücker Turn- und Sportvereins (ATSV), Am Lulustein 5 bis 9, auf der Bellevue.

Das neue Absaugsystem wird 20 Bohrlöcher mit rund 50 Zentimetern Durchmesser haben, alle 40 bis 65 Meter tief. Durch diese Löcher soll das Methan aus der Tiefe steigen. Alle Löcher werden durch mehrere Kilometer Rohre miteinander verbunden. Die Rohre, Durchmesser 10 bis 15 Zentimeter, sollen zwischen 80 Zentimeter und 1,20 Meter tief unter Straßen und Bürgersteigen liegen.

Das Rohrsystem wird zunächst an den alten Methan-Absaugkompressor gekoppelt, der an der Verlängerung der Moltkestraße zum Deutsch-Französischen Garten liegt - nicht zu verwechseln mit dem alten Methan-Blockheizkraftwerk etwas weiter unten. (Der alte Kompressor saugt bislang nur das Methan aus einer alten Drainage im Umfeld der Moltkehalle.

Das alte Blockheizkraftwerk verbrennt Methan aus einem Rohrsystem im unteren Teil von Alt-Saarbrücken.)

Die Rohre des neuen Systems fürs obere Alt-Saarbrücken sollen wie ganz gewöhnliche kleine Gasleitungen funktionieren, einziger Unterschied: In normalen Gasleitungen herrscht Druck, denn das Gas wird ja hineingepresst - in der Methan-Pipeline dagegen wird Unterdruck herrschen, der Methan ansaugt.

Bohrloch eins ist an der Dr. Eckener-Straße kurz hinter der Einmündung der Junkersstraße geplant, Bohrloch 20 am Ende der unteren Abtsdell. In der Moltkestraße dazwischen soll das letzte Bohrloch neben die Kirche St. Mauritius.

An mehreren Stellen im Rohrsystem sind Sammelschächte für das Methan oder Kondensatschächte vorgesehen (auf unserer Karte als blaue Kreise markiert). In Letzteren soll sich das Wasser sammeln, das in den Rohren kondensiert.

Die Stadt versichert: Nach Möglichkeit kommen alle Löcher, Rohre und Schächte in oder unter Bürgersteige, Straßen oder andere öffentliche Flächen. Eine Spezialfirma werde mit einer Art Minibohrturm anrücken - trotzdem seien Behinderungen unvermeidlich. Im Frühjahr 2010 soll das System fertig sein.

Ob und wo die Stadt einen neuen, stärkeren Methan-Absaugkompressor oder sogar ein neues Methan-Blockheizkraftwerk installiert, will man entscheiden, wenn klar ist, wo im neuen Rohrsystem das meiste Methan der besten Qualität ankommt. Unter Umständen, so erläutert Paul Borgard, könnte das Methan sogar für die Saarbrücker Erdgasbusse aufbereitet werden.

Rund 3,5 Millionen Euro hat der Stadtrat am 25.  November 2008 in nicht öffentlicher Sitzung für den Bau des neuen Systems bewilligt. In den vergangenen Wochen ließ die Stadt 3000 Flugblätter in Alt-Saarbrücken verteilen, um die Bürger zum heutigen Info-Abend in die ATSV-Halle einzuladen. Borgard rechnet mit bis zu 300 Wissbegierigen.

Methan in rund 230 Alt-Saarbrücker Gebäuden


Nach der Explosion von 2006 nahmen Gas-Detektive das Viertel unter die Lupe


Alt-Saarbrücken. Am 1. Weihnachtstag 2006 explodierte Methan-Gas im Bad einer Dachwohnung des Hauses Malstatter Straße 2. Eine 52-jährige Frau erlitt schwerste Verbrennungen, lag über Monate in einer Spezialklinik und musste mehrere Hauttransplantationen überstehen. Das Gas war aus der Kanalisation durch das Abwasserrohr und den ausgetrockneten Siphon der Badewanne in die Wohnung geströmt. Der Lichtschalter sorgte für den Zündfunken.

Die Stadt und die Saarbrücker gemeinnützige Siedlungsgesellschaft (SGS), die Eigentümerin des Unglückshauses sowie anderer Immobilien in Alt-Saarbrücken, setzten alle Hebel in Bewegung, um weiteres Unglück zu verhindern. Gas-Detektive fahndeten überall im Stadtteil nach Methan und verordneten Umbauten, wo es nötig war. Parallel dazu ließ die Stadt ein Gutachten anfertigen - von der Deutschen Montantechnik (DMT). Das Gutachten war im Dezember 2007 fertig - und am 19. Februar 2008 erstmals Thema im Stadtrat. Kernaussage: In rund 230 Gebäuden in Alt-Saarbrücken hatte die DMT 2007 verschieden starke Konzentrationen von Methan entdeckt - einige davon bedenklich hoch. Daher empfahl die DMT, auch im oberen Teil von Alt-Saarbrücken ein Methan-Absaugsystem zu installieren, wie es bereits im unteren Teil des Viertels existiert. fitz

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