Kamera-Genie mit guten Wurzeln

Saarbrücken. Der vermutlich beste Kameramann der Welt könnte uns dieser Tage begegnen - im Cinestar oder in der Stadt: hochgewachsen, Bärtchen über der Oberlippe, ein älterer Herr mit gewinnendem Lächeln. Am Montag wird Michael Ballhaus für sein Lebenswerk geehrt, beim Ophüls-Festival. Ein Großer, der die Bodenhaftung nie verlor

Saarbrücken. Der vermutlich beste Kameramann der Welt könnte uns dieser Tage begegnen - im Cinestar oder in der Stadt: hochgewachsen, Bärtchen über der Oberlippe, ein älterer Herr mit gewinnendem Lächeln. Am Montag wird Michael Ballhaus für sein Lebenswerk geehrt, beim Ophüls-Festival. Ein Großer, der die Bodenhaftung nie verlor.Das Genie hat gute Wurzeln: Im Alter von 21 Jahren erlebte es der Autor dieses Beitrags. 1956 wechselte er als Schauspieler ans Fränkische Theater Schloss Stöckach und wurde Mitglied einer erstaunlichen Theaterfamilie. Das Schloss an der romantischen Fachwerkstraße war ein Landgut mit Wohnraum für alle, Proberaum und einer Gesindeküche, in der gegessen wurde, bekocht von Michael Ballhaus' Mutter, der Seele des Ganzen. Das Berliner Schauspielerpaar Oskar Ballhaus und Lena Hutter war mit zwei Kindern in die Provinz gegangen und hatte die als Sprungbrett geschätzte Bühne gegründet, die in Maßbach weiter besteht, eine Nichte von Michael Ballhaus leitet sie. Es gab zehn weitere Bühnenkräfte, eine Bürohilfe und den Techniker, der uns samt Ausstattung zu den Spielorten in Franken und Hessen fuhr. Beide Gründer hatten neue Partner, die mit auf der Bühne standen. Was den Umgang miteinander nie spürbar störte. War der Chef, den man "Ole" nannte, erkältet, dann kurierte ihn die erste Frau. Wehten sonntags Musikklänge durchs Haus, dann badete der immer umgängliche Prinzipal. Eine heile Welt.

 Während der Preisverleihung des Ophüls-Festivals 2004 saß Michael Ballhaus mit seiner Frau Helga im Staatstheater in der ersten Reihe. Helga Betten starb 2006 in Los Angeles. Foto: Becker&Bredel

Während der Preisverleihung des Ophüls-Festivals 2004 saß Michael Ballhaus mit seiner Frau Helga im Staatstheater in der ersten Reihe. Helga Betten starb 2006 in Los Angeles. Foto: Becker&Bredel

 Während der Preisverleihung des Ophüls-Festivals 2004 saß Michael Ballhaus mit seiner Frau Helga im Staatstheater in der ersten Reihe. Helga Betten starb 2006 in Los Angeles. Foto: Becker&Bredel

Während der Preisverleihung des Ophüls-Festivals 2004 saß Michael Ballhaus mit seiner Frau Helga im Staatstheater in der ersten Reihe. Helga Betten starb 2006 in Los Angeles. Foto: Becker&Bredel

Hier wuchs Michael Ballhaus auf, der bei allem Charme sehr zielstrebig war: Nach der Schule machte er eine Fotolehre. Danach zeigte er, professionell und ohne Hektik durch gute Aufnahmen, wohin er wollte: Der spätere "Herr der Bilder" kündigte sich an. Unvergesslich, wie aufgedreht er aus München heimkehrte, wo er bei Filmaufnahmen hatte kiebitzen dürfen. "Lola Montez" und die Arbeit mit Max Ophüls waren sein Schlüsselerlebnis. Helga Betten, eine junge Kollegin mit wunderbar reiner Ausstrahlung saß mit am Tisch. Zwei Jahre später heirateten sie. Nach Theater-, Film- und TV-Karriere gab sie das alles auf und zog zu Michael Ballhaus in die USA. Sie arbeiteten dort im Team. "Die Unentbehrliche" schrieb ein Insider, was an Michaels Mutter erinnert. Als Helga Betten 2006 in Los Angeles starb, hinterließ sie zwei Söhne nebst Enkeln. Sohn Florian hat sich mit der Kamera längst einen Namen gemacht. Sein Vater tut heute viel für den deutschen Filmnachwuchs. Dass er ausnahmslos Wertschätzung genießt, darf niemanden irritieren: Auch der große Regisseur Scorsese schenkte sie ihm uneingeschränkt.

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