Juristische Schritte gegen Einsparungen des Landes

Saarbrücken · Für die fünf saarländischen Landkreise und den Regionalverband Saarbrücken ist das Maß voll: Dass das Land ihnen Beihilfen für Sozialausgaben gestrichen hat, sei Vertragsbruch. Sie kündigten eine Klage an.

Das hat es im Saarland noch nicht gegeben: eine Klage der Landkreise gegen das Land. Die Vorsitzende des saarländischen Landkreistages (LKT), Cornelia Hoffmann-Bethscheider (SPD ), hat am Freitag eine entsprechende Klage des Landkreises St. Wendel angekündigt. Dieser werde "stellvertretend für alle saarländischen Landkreise und den Regionalverband Saarbrücken das Land wegen Vertragsbruch verklagen", so Hoffmann-Bethscheider. Hintergrund ist, dass das Land den Kreisen im laufenden Haushaltsjahr Ausgleichsleistungen für einen Teilbereich der Grundsicherung im Alter gestrichen hat (wir berichteten). Diese Zahlungen - zuletzt in Höhe von jährlich 3,8 Millionen Euro - seien aber vertraglich bis Jahresende festgeschrieben, argumentiert Hoffmann-Bethscheider.

Das Land hält dagegen: Der Bund begleiche diese Ausgaben inzwischen - und zwar in voller Höhe. "Die Leistungen können ja nicht zweimal gezahlt werden", erklärte Sozialminister Andreas Storm (CDU ) gestern gegenüber der SZ. Insofern sehe er "keinen Vertragsbruch, sondern es bedeutet vielmehr, dass das von uns auszugleichende Finanzvolumen kleiner geworden ist". Für die angestrebte Klage gebe es somit "keine Grundlage", so Storm.

Worum geht es konkret? Weil die Landkreise seit dem Jahr 2004 neben den ambulanten auch die stationären Pflegekosten im Rahmen der Grundsicherung im Alter vom Land übernommen haben, zahlte dieses dafür bislang einen jährlichen Ausgleich. Zuletzt lag dieser bei 3,8 Millionen Euro . Seit diesem Jahr übernimmt jedoch der Bund die kompletten Kosten der Grundsicherung im Alter. Das bedeutet: Während die Kreise in den vergangenen Jahren - trotz der Ausgleichsleistungen des Landes - immer noch einen Eigenanteil für die Grundsicherung im Alter in Höhe von mehreren Millionen Euro jährlich schultern mussten, wird dieser nun komplett vom Bund getragen. LKT-Chefin Hoffmann-Bethscheider meint jedoch: Die Kostenübernahme des Bundes habe ausdrücklich eine finanzielle Entlastung der Kommunen zum Ziel. Verzichte das Land nun auf seinen Beitrag, werde dieses Ziel zunichtegemacht. Nach LKT-Angaben soll die Klage "in vier bis sechs Wochen eingereicht werden".

Mit "Fassungslosigkeit" reagierte der LKT gestern zudem auf Vorwürfe der CDU-Landtagsfraktion , wonach Kreise und Regionalverband zu hohe Jugendhilfe-Ausgaben hätten. "Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, wenn diejenigen, die die Gesetze und Standards machen, uns auffordern, bei der Ausführung der Gesetze zu sparen", sagte Hoffmann-Bethscheider. Seit fünf Jahren beteilige sich der LKT an einer Vergleichsstudie zwischen saarländischen und rheinland-pfälzischen Landkreisen in Bezug auf die Jugendhilfe . Demnach sei die Personalausstattung im Saarland nicht besser als in Rheinland-Pfalz und biete "kein Einsparpotenzial", wie Heinz Müller vom Institut für sozialpädagogische Forschung in Mainz mitteilte. Zwar seien die Aufwendungen für Erziehungshilfen hierzulande mit 110 Millionen Euro im Jahr 2013 deutlich höher als im Nachbarland. Allerdings gebe es im Saarland auch 30 Prozent mehr Kinder in Armut sowie die dritthöchste Alleinerziehenden-Quote im Bundesländer-Vergleich, so Müller.

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