Junge Leute wollen aufstehen für Opfer

Saarbrücken · In der Woche vor Ostern erinnern evangelische und katholische Christen traditionell mit einem Kreuzweg an die Leiden in unserer Zeit.

 Bereits beim Jugendkreuzweg im vergangenen Jahr drückten Jugendliche ihr Anliegen mit Tanzszenen aus. Foto: Ida Kammerloch

Bereits beim Jugendkreuzweg im vergangenen Jahr drückten Jugendliche ihr Anliegen mit Tanzszenen aus. Foto: Ida Kammerloch

Foto: Ida Kammerloch

2017, sagt Heiner Buchen, "ist ein Jahr, in dem wir aufstehen müssen". Mit "wir" meint der katholische Pastoralreferent Menschen, die bereit sind, "sich in Solidarität zu verstricken". Menschen also, denen das Schicksal anderer Menschen nicht gleichgültig ist, die nicht wegsehen, wenn andere in Not sind. Solche Menschen, sagt er, "die den Opfern nicht ausweichen, stehen vor den Tätern".

"Aufstehen" - dieses Motto haben 20 jungen Leute dem Kreuzweg der Jugend gegeben, den sie seit einigen Wochen im Pavillon der Willi-Graf-Schulen vorbereiten. Am kommenden Donnerstag, 6. April, wollen sie die Saarbrücker dazu einladen, mit ihnen um 18 Uhr von der Schlosskirche über den St. Johanner Markt zur Johanneskirche und von dort zu Jugendkirche in der Hellwigstraße zu gehen. An vier Stationen soll auf diesem Weg "das Leben Jesu und sein leidvolles Schicksal mit dem Leiden von Menschen in unserer Zeit in Verbindung gebracht werden", erklärt Buchen.

Der Kreuzweg, den das katholische Dekanat Saarbrücken, der evangelische Kirchenkreis Saar-West und das Saarlandmuseum gemeinsam veranstalten, soll ermutigen, das Leiden von Menschen, nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern für sie "aufzustehen", sagt Buchen. Gerade in einem Wahljahr, sei es besonders wichtig, "aufzustehen gegen eine Haltung", in der nicht diejenigen, die die Demokratie und die Prinzipien des Rechtsstaats angreifen, "als Problem gesehen werden, sondern deren Opfer". Buchen nennt die Flüchtlinge als Beispiel. Es wirke so, als seien "nicht diejenigen die die Geflüchteten abwehren, abschieben, ja sogar abschießen wollen, das Problem, sondern sie selbst, deren Zahl dringend verringert gehöre".

Es sei erschreckend, dass öffentlich viel über "Maßnahmen gegen die Asylsuchenden" geredet werde, wo es doch viel wichtiger wäre, sich den "Menschenfeinden, ihrer Rhetorik und ihren Forderungen" entgegenzustellen. Hier sei es vor allem an den Christen "aufzustehen". Und zwar nicht nur gegen die "unerfreulichen politischen Entwicklungen", sondern auch "für eine offene, menschenfreundliche Gesellschaft, für die es keine Obergrenze gibt" - und "für ein Demokratieverständnis, das die Würde aller verteidigt, nicht nur die der Deutschen Amerikaner oder Briten", sagt Buchen.

Beim Jugendkreuzweg wollen Buchen und sein Team die aktuelle Situation mit Texten aus dem Markus-Evangelium in Verbindung bringen. Das Evangelium wurde rund 70 Jahre nach Christi verfasst. "Römer sind damals in Palästina von Norden nach Süden gezogen und haben alles platt gemacht", erklärt Buchen. Dagegen stellt das Evangelium Jesus. "Der macht nicht platt, der richtet auf", sagt Buchen. Und genau das sei auch Aufgabe der Kirche. "Kirche hat das nicht immer getan und tut es auch heute nicht immer. Sie hat platt gemacht und damit Schuld auf sich geladen", sagt der katholische Pastoralreferent.

Zum Kreuzweg soll es aber nicht nur starke Worte geben. Die Jugendlichen haben mit der Tänzerin Youn Hui Jeon vier Tanzszenen entwickelt. Außerdem spielen Daniel Osorio und Sergio Parra Soulmusik. Und die Schulchöre des Deutsch-Französischen Gymnasiums und des Gymnasiums am Schloss singen Gospels - also, wie Heiner Buchen sagt, "Sklaven-, Überlebens- und Widerstandsmusik".

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