Inhaftierter Bandenchef aus Schiffweiler will kooperieren

Saarbrücken/Schiffweiler · Im Fall des wegen bandenmäßigen Menschenhandels inhaftierten Firmenchefs Ü. aus Schiffweiler stehen die Zeichen auf Verständigung. Sein Verteidiger signalisiert Kooperationsbereitschaft mit dem Staatsanwalt.

 SymbolbildLocation:Berlin

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Foto: Arno Burgi (dpa-Zentralbild)

Die Wege im Justizvollzug sind mitunter lang und mühsam. Diese Erfahrung machen derzeit ein 46 Jahre alter Deutsch-Türke aus Saarbrücken und ein rumänischer Vorarbeiter (36) mit letztem Wohnsitz in Neunkirchen. Beide wurden am vergangenen Donnerstag im Rahmen einer Großrazzia an bundesweit 30 Stellen in Offenburg und Waiblingen inhaftiert. Sie gelten als Mitglieder einer Menschenhändler- und Betrügerbande, die bulgarische und rumänische Arbeiter sowie deren Familien ausgebeutet haben soll. Die zwei Männer werden von einer Justizvollzugsanstalt zur nächsten "verschubt". Sie reisen in Gefängnis-Bussen und müssen unterwegs zum Zielort Saarbrücken immer wieder hinter Gittern auf passende Anschlussverbindungen warten. Im Saarland haben die Ermittler des Dezernates Menschenhandel beim Landespolizeipräsidium Gesprächsbedarf mit dem Duo. Sie interessieren sich für die Rollen und Aufgaben innerhalb der Bande und für weitere Helfershelfer ihres inhaftierten Chefs Ü. (51) und dessen Ehefrau (35) aus Schiffweiler. Nach SZ-Informationen gehen die Fahnder von weiteren Mittätern aus, die beispielsweise gegenüber Behörden und Ärzten als Dolmetscher aufgetreten sein sollen, obwohl sie etwa des Rumänischen nicht mächtig waren.

Wie es heißt, werden dem Hauptbeschuldigten Ü. insgesamt 37 Fälle des "gewerbs- und bandenmäßigen Menschenhandels zur Ausbeutung der Arbeitskraft" und des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges vorgeworfen. Unter anderem geht es dabei - wie bereits ausführlich berichtet - um hinterzogene Sozialabgaben und das unberechtigte Kassieren von Kindergeld und Zuschüssen des Jobcenters Neunkirchen. Teilweise hatte Bandenkopf Ü. seine zu Hungerlöhnen meist als Eisenflechter eingesetzten Arbeiter mit deren Familien in Schrottimmobilien unter menschenunwürdigen Verhältnissen einquartiert. Die heruntergekommenen Häuser sollen zum Teil dem Chef selbst gehören oder werden seinen Helfern zugerechnet. Ü. selbst ist polizei- und justizbekannt, hat bereits eine mehrjährige Haftstrafe wegen millionenschweren Sozialabgabenbetruges verbüßt. Er verfügt angeblich über ein großes Kontaktnetz in Deutschland und in der Türkei sowie eine Eigentumswohnung in Istanbul. Auch seine Ehefrau ist für die Fahnder keine Unbekannte, sie soll ihren Mann tatkräftig unterstützt haben. Dies gilt offenbar auch für eine 60-jährige Nachbarin aus Schiffweiler, die geholfen haben soll, fingierte Anträge auf Kindergeld einzureichen, und Botengänge erledigte. Als ein ausgebeuteter Arbeiter angeblich bei einem Kommunalpolitiker auf krumme Geschäfte des 51-jährigen Chefs hingewiesen haben soll, will die Frau interveniert haben.

Professor Guido Britz, Verteidiger des Bandenchefs, erklärte gegenüber der SZ: "Es besteht Kooperationsbereitschaft bei meinem Mandanten hinsichtlich der erhobenen Tatvorwürfe."

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