In diesem Stoff stecken Träume"Darauf beschlossen wir: Wir machen es anders"

Saarbrücken · Geballte Neuigkeiten zum Thema Einwanderung lockten die Fachleute. Und Einwanderer erfuhren im Rathaus leicht verständlich, wie sie auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Über die Ziele der Integrationsmesse Immigra sprach SZ-Mitarbeiterin Silvia Buss mit Veronika Kabis, der Leiterin des städtischen Zuwanderungs- und Integrationsbüros.

Saarbrücken. "Ich bin gekommen, um Neuigkeiten zu erfahren", sagt Nicolai Perepelizih. "Außerdem bin ich heute zum ersten Mal im Rathaus, es ist ein großes, gutes Gebäude", schickt der Saarbrücker, der aus Tadschikistan stammt, gleich hinterher.

Von der Immigra, der dritten Saarbrücker Integrationsmesse, ist Perepelizih in jeder Hinsicht begeistert. Schon seit neun Uhr sei er hier, zusammen mit vier Gruppen und ihren Kursleitern aus dem Zentrum für Beruf und Bildung. Sie alle interessiere an erster Stelle das Thema Arbeit. Die sei wichtig, um sich zu integrieren, betont Perepelizih, der wie viele in seinem Kurs einen Ein-Euro-Job hat. Aber auch die Vorträge hätten ihnen viele Neuigkeiten gebracht.

Folgt man Perepelizih, so hat die Immigra ihr Ziel erreicht. Die Messe soll Fachbesucher über Neues aus dem Bereich Migration informieren und vor allem den Einwanderern selbst zeigen, wie sie Arbeit finden.

Die Info- und Beratungsbörse im Hauberrissersaal etwa ist nach einem neuen Fünf-Phasen-Konzept aufgebaut. "Die Besucher kommen mit bestimmten Fragen", erklärt Wolfgang Vogt vom saarländischen Netzwerk "Integration durch Qualifizierung", das die Messe mit organisiert hat. Statt an einzelnen Ständen beraten die Projektträger gemeinsam über den Einstieg in den Job oder berufliche und gesellschaftliche Orientierung.

Wer es noch individueller will, kann mit der Oberbürgermeisterin sprechen, den Migrationsdezernenten Kajo Breuer besuchen oder die Bewerbungsmappe checken lassen. "Wir hatten hier sogar eine Frau, die deswegen extra aus St. Wendel gekommen war", sagt eine Bewerbungstrainerin.

Die Immigra bietet ein umfangreiches Programm aus Infoveranstaltungen und Workshops, angefangen von Themen wie Einbürgerung über Rechtsextremismus bis hin zu neuesten Entwicklungen im Ausländerrecht und doppelter Staatsangehörigkeit, für die sich etwa Bernward Helmers interessiert. "Es ist ja auch eine wichtige Kontaktbörse für Fachleute", sagt der Referent für Migration bei der Caritas der Diözese Speyer, warum ihm der Weg nach Saarbrücken nicht zu weit war. Am Vormittag haben im Rathausfestsaal Fachreferenten das Wort. Zur Eröffnung spricht der renommierte Mainzer Professor für Sozialpädagogik, Franz Hamburger, über "(Stadt)Gesellschaft und Arbeitsmarkt neuer Migration". Eine seiner Thesen: Deutschland hätte keinen Fachkräftemangel, wenn es sich mehr um brachliegende Ressourcen der Einwanderer kümmern würde.

Stattdessen ziehe man derzeit anderen Ländern hoch qualifizierte Fachkräfte, etwa Ärzte oder Krankenschwestern, ab. "Wir haben mit dieser Strategie Erfolg, aber was in den Heimatländern passiert, sollte uns auch interessieren", fordert Hamburger.Was ist die Immigra, und für wen ist sie gedacht?

Kabis: Im Integrationskonzept 2007 hatten wir festgelegt, dass wir auf jeden Fall alle ein oder zwei Jahre in Saarbrücken ein Event haben wollen, bei dem es um Grundsatzfragen von Integration geht. Als es konkret wurde, haben wir uns gesagt, es sollte nicht eine Fachtagung sein, wie es schon Tausende gibt, bei der sich nur Fachleute unterhalten, wie Integration zu funktionieren hat. Darauf haben wir beschlossen, wir machen es anders. Wir machen ein Veranstaltungsformat, das beides vereint: den Fachaustausch über aktuelle Entwicklungen und ein Angebot für alle Bürgerinnen und Bürger. Dafür steht vor allem die Beratungsbörse und die Nachmittagsveranstaltungen, bei der Bürger und Fachleute miteinander ins Gespräch kommen können. Wir erfahren aus dem bundesweiten Netzwerk "Integration durch Qualifizierung" immer wieder, dass dieses Modell eher außergewöhnlich ist im positiven Sinn.

Das aktuelle Thema hieß neue Migration, was bedeutet das?

Kabis: Zum einen, dass zurzeit wegen des demografischen Wandels aktive Zuwanderungswerbung betrieben wird. Es kommen aber auch verstärkt Migranten von sich aus durch die EU-Osterweiterung. Nicht nur Fachkräfte, auch Armutszuwanderung, deshalb hatten wir heute auch das Thema Roma. Wir müssen, wegen der Krise, auch verstärkt mit Zuwanderung junger Leute aus Portugal, Spanien und Griechenland rechnen. Nicht nur mit Dauer-, auch mit Pendelmigration. Diese Durchlässigkeit und Mobilität macht uns die Sache integrationspolitisch nicht einfacher. Gerade was die Roma betrifft, versuchen wir jetzt, Strategien zu entwickeln, wie man diskriminierungsfrei mit dieser Gruppe arbeiten kann. "Eine Frau ist deswegen extra aus St. Wendel gekommen."

Eine Bewerbungs-

trainerin über die Attraktivität der Info-Angebote

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