In den Saar-Ministerien wurden jahrelang neue Stellen geschaffen – Jetzt wird gekürzt

Saarbrücken · 207 neue Stellen sind zwischen 2008 und 2013 in den Ministerien des Landes neu geschaffen worden. Das Finanzministerium sagt: wegen neuer Aufgaben der Ressorts – aber auch wegen zweier Regierungsbildungen.

 Als Gesundheitsminister (2009-2012) packte der Liberale Georg Weisweiler beim Umzug seines Ressorts in ein neues Gebäude mit an. Im ersten Jahr der Jamaika-Koalition, 2010, wurden allein in sei- nem Ressort 23 neue Stellen geschaffen.

Als Gesundheitsminister (2009-2012) packte der Liberale Georg Weisweiler beim Umzug seines Ressorts in ein neues Gebäude mit an. Im ersten Jahr der Jamaika-Koalition, 2010, wurden allein in sei- nem Ressort 23 neue Stellen geschaffen.

Foto: Becker & Bredel

In seiner recht kurzen Zeit als Mitglied des saarländischen Landtages war Horst Hinschberger stets für einen flotten Spruch gut. Als 2010 die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen frisch im Amt beschlossen hatte, jede dritte frei werdende Stelle im öffentlichen Dienst nicht mehr zu besetzen, prahlte der damalige FDP-Fraktionschef: "Wir sparen nicht nur, bis es quietscht; wir sparen, bis es im Gebälk kracht und donnert." Das hörte sich gut, passte aber nicht ganz zur Realität, denn als eine ihrer ersten Amtshandlungen genehmigte sich die Jamaika-Koalition für ihre Ministerien 50 zusätzliche Stellen. Trotz aller Spar-Rhetorik und tatsächlicher Stelleneinsparungen in der Landesverwaltung haben die Ministerien in den vergangenen Jahren immer mehr personellen Zuwachs bekommen. Dies belegen Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die die SZ jetzt ausgewertet hat. Ergebnis: Zwischen 2008 und 2013 sind in den Ministerien 207 neue Stellen entstanden. Die Stellenzahl stieg nämlich von 1581 auf 1788 - ein Plus von 13 Prozent. Die stärksten Anstiege gab es 2009 (+71), 2010 (+85) und 2011 (+37).

Nach der Bildung der großen Koalition kam es 2013 zu einem leichten Zuwachs (+17). Ein vorübergehender Anstieg nach einer Regierungsbildung ist nicht ungewöhnlich, weil neue Minister in der Regel einige Vertraute mit ins Ministerium nehmen, etwa als Büroleiter oder Pressesprecher. Dabei bleibt es aber meist nicht: Nicht selten werden auch weitere Jobs, von der Sekretärin bis zum Abteilungsleiter, mit politischen Freunden besetzt. Der recht deutliche Anstieg in den vergangenen Jahren gibt selbst den Verantwortlichen Rätsel auf, zumal es durchaus auch Fachreferate gibt, die in den vergangenen Jahren eher kleiner als größer geworden sind. Auch die Industrieund Handelskammer (IHK) schreibt in einer aktuellen Analyse, für den Zuwachs in den Ministerien gebe es "auf den ersten Blick keine plausible sachliche Begründung".

Das Saar-Finanzministerium suchte nach Erklärungen - und kam zu dem Ergebnis: Vor allem spiele die Verlagerung von Aufgaben von nachgeordneten Behörden in die Ministerien eine Rolle. So sei das Landesamt für Landesentwicklung mit 40 Stellen 2009 aufgelöst und ins Umweltministerium eingegliedert worden. Weitere Ursachen seien Vorgaben des Bundes oder der EU, die mehr Personal erforderten (etwa wegen einer verstärkten Kontrolldichte bei EU-Programmen) und neue Aufgaben wie die Einführung der Schulbuchausleihe. Auf Nachfrage räumte das Ministerium ein, dass auch die zwei Regierungsbildungen nach den Landtagswahlen 2009 und 2012 eine Rolle gespielt hätten, "insbesondere die Neuschaffung eines Ministeriums bei der Regierungsbildung 2009".

Um nach der Wahl 2009 die Grünen für ein Jamaika-Bündnis zu gewinnen, boten CDU und FDP ihnen trotz ihres mageren Abschneidens (5,9 Prozent) zwei Ministerien an. Weil die FDP aber 9,2 Prozent geholt hatte, musste sie mindestens genauso viele Ministerien bekommen wie die Grünen. Kurzerhand wurde die Zahl der Ministerien daher erhöht, die FDP konnte mit Georg Weisweiler nun ein eigenständiges Gesundheitsministerium besetzen. Allein dafür schuf die Regierung 23 neue Stellen. Ein Parteienkompromiss zu Lasten Dritter: der Steuerzahler. Neue Posten gab es auch im Umweltministerium (zehn), im Arbeitsministerium (acht), im Wirtschaftsund Innenministerium (je drei), in der Staatskanzlei (zwei) und im Justizressort (eine). Für die Jahre bis 2020 ist nun vorgesehen, 264 Stellen in der Staatskanzlei und den Ministerien abzubauen. Damit werde der Stellenabbau in der Landesverwaltung die Ministerien überproprtional treffen, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums.

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