Im Zwiebel-Look auf den Markt

Saarbrücken. Markttreiben ist an kalten Tagen schon etwas Eigenes. Bei eisigen vier Grad unter null scheint die Welt einen Schritt langsamer zu gehen. Eiskristalle funkeln in der Wintersonne. Die Marktstände wirken vor der Ludwigskirche wie ein bunter Kaufladen

 Adrian und Christine Kempf sowie Monika Jager (rechts) verkaufen hier Obst und Gemüse auf dem Wochenmarkt vor der Saarbrücker Ludwigskirche. Foto: Christof Müller

Adrian und Christine Kempf sowie Monika Jager (rechts) verkaufen hier Obst und Gemüse auf dem Wochenmarkt vor der Saarbrücker Ludwigskirche. Foto: Christof Müller

Saarbrücken. Markttreiben ist an kalten Tagen schon etwas Eigenes. Bei eisigen vier Grad unter null scheint die Welt einen Schritt langsamer zu gehen. Eiskristalle funkeln in der Wintersonne. Die Marktstände wirken vor der Ludwigskirche wie ein bunter Kaufladen. Bereits um 9 Uhr früh zieht es die ersten Kunden mit ihren Einkaufskörben und Taschen zu frischem Obst und Gemüse, Blumen, Käse, Honig und Eiern. Für viele Marktleute ist die Kälte ein Problem, mit dem sie sich arrangieren müssen. "Heute ist gutes Fleischwetter", grinst Elfie Barthel aus Saarlouis. An ihrem kleinen Stand hat sie frische Pute und Eier im Angebot: "Die Temperaturen sind ideal. Da kann man heute mal die Kühlung auslassen. Nur bei den Eiern muss man aufpassen. Wenn es noch kälter würde, steigt die Oberflächenspannung in der Schale. Dann gehen sie kaputt!" Seit über zehn Jahren kommt die Marktfrau mit ihren Waren nach Saarbrücken. Ihr Patentrezept gegen die Kälte: "Mein Ofen, die Angora-Unterwäsche, Mieze-Katze-Einlagen in den Moonboots und vor allem gute Laune - das hilft gegen alles!" Zwar ist das Angebot an diesem Samstag reichlich, doch es klaffen auch Lücken zwischen den Ständen. So mancher Verkäufer ist nach dem Jahreswechsel im Urlaub. Andere - wie Michael Löffler aus dem französischen Viller - harren aus: "Heute sind die Temperaturen noch erträglich. Am schlimmsten sind Nässe, Feuchtigkeit, und wenn der Wind über den Platz peitscht." Seinem Frischkäse und den anderen Milchprodukten macht das nichts aus. Er rettet sich an den Nachbarstand: "Da kann ich mich aufwärmen." Treue Kunden sorgen dafür, dass sich das Markt-Geschäft auch im Winter lohnt. "Nur schlechte Straßenverhältnisse sind nicht gut. In den warmen Monaten ist natürlich noch mehr los", hat Löffler beobachtet: "Vielen Kunden ist das Wetter sonst eigentlich egal. Sie schätzen hier die Qualität, die Beratung und das Angebot." Eine ältere Dame macht klar: "Für mich gehört der Einkauf hier seit über 30 Jahren zum Samstag dazu. Man hat so seine Lieblingsstände, denen man treu ist". Das sehen Adolf Degenkolbe aus Alt-Saarbrücken und seine Frau genauso: "Wir kommen immer wieder gerne hierher." Gut abgeschottet haben sich Klaus und Ingrid Mock aus Saarlouis. Rund um ihren Stand haben sie Planen aufgehängt, die das empfindliche Obst und Gemüse schützen sollen. Ihr Markt-Tag begann bereits früh - dann, wenn die Stadt noch schläft: "Wir haben heute Morgen um 5 Uhr schon die frischen Sachen im Großmarkt eingekauft", erzählt Ingrid Mock. Anschließend ging's direkt auf den Ludwigsplatz zum Aufbau. Bis 13.30 Uhr geht ihr Markt-Tag. Ein harter Test für Mensch, Obst und Gemüse: "Kälteempfindlich sind Salat, Tomaten und Gurken. Momentan verkaufen wir keine Bananen." Unanfällig dagegen seien Kohlsorten und Wirsing - beim Obst Äpfel, Birnen und Zitrusfrüchte. Ihr Mann ergänzt: "Schon die kalte Luft reicht aus und Bananen werden braun!" So manchen Fehler machten die Verbraucher dann aber selbst zuhause: "Das Gemüse muss sich zuerst an die Zimmertemperatur anpassen. Also auf keinen Fall direkt ins heiße Wasser werfen. Dann geht die Blattstruktur kaputt." Am anderen Ende, nur ein paar Meter neben dem Eingangsportal der Ludwigskirche, hat Adrian Kempf aus Güdingen aufgerüstet. Er mag es wohlig warm hinter seinem Feinkost-Stand. Wärme ist für ihn kein Luxus: "Wir haben hier zwei Heizstrahler und eine Gasturbine im Einsatz." Auch die Kundschaft freut das: "Bei eisch is joo rischdisch warm. Mir ware üwwer Silveschda in Budapeschdd", erklärt eine Frau. Während seine Frau Christine und Verkäuferin Monika Jager die Kunden in der Käseabteilung bedienen, schlägt sich Kempf zwischen Obst und Gemüse durch. Er schwört auf den so genannten Zwiebel-Look, hat gleich mehrere Pullover und Jacken übereinander angezogen. Seit 30 Jahren gehört der Markt zu seinem Leben: "Den Job müssen Sie lieben, sonst stehen Sie im Winter nicht hier. Die Temperaturen sind momentan besser als im Sommer zu schwitzen". Dabei seien die Bedingungen für die Händler eigentlich ideal: "Frische Luft, viel Bewegung und gutes Essen", sagt er lächelnd. Und der Kauflaune schade das Wetter nicht. Kempf rundet ab: "Ich geb Ihnen sieben Cent Neujahrsrabatt." Gerade wechseln wieder sechs Tüten frisches Obst und Gemüse für 32 Euro den Besitzer. "Heute ist gutes Fleischwetter."Elfie Barthelaus Saarlouis

Auf einen BlickBauernmarkt: Jeden Samstag auf dem St. Johanner Markt; Wochenmärkte: Alt-Saarbrücken: Dienstag, Donnerstag, Samstag vor der Ludwigskirche; City: Montag, Mittwoch, Freitag am St. Johanner Markt; St. Arnual: Donnerstag am St. Arnualer Markt; Burbach: Mittwoch, Samstag vor dem Burbacher Bürgerhaus; Dudweiler: Dienstag, Freitag am Dudoplatz; Malstatt: Dienstag, Freitag am Hambacher Platz, Donnerstag Malstatter Markt; Jägersfreude: Mittwoch; Rodenhof: Donnerstag.In der Region: Völklingen: Mittwoch, Samstag am Rathausplatz; Heusweiler: Donnerstag am Marktplatz; Friedrichsthal: donnerstags, dienstags im Ortsteil Bildstock; Püttlingen: Montag, Mittwoch, Freitag im Ortsteil Köllerbach. chm

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