„Ich war eingesperrt im eigenen Haus“

Saarbrücken · Sieben Monate war die Fechinger Talbrücke für den Schwerlastverkehr gesperrt. Für die Anwohner der Ausweichstrecke „An der Heringsmühle“ eine Tortur. Nun soll sich ab 31. Oktober durch die Öffnung alles wieder normalisieren. Die Bürger sind skeptisch.

 Bis Montag werden letzte Arbeiten an der Brücke durchgeführt – unter anderem muss die Wiegestation abgebaut werden. Foto: B&B

Bis Montag werden letzte Arbeiten an der Brücke durchgeführt – unter anderem muss die Wiegestation abgebaut werden. Foto: B&B

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An diesem Donnerstagmittag ist nicht das Keuchen der Brummis die Hauptlärmquelle. An diesem Mittag schrillen Sirenen - der tödliche Flugzeugunfall in Ensheim. Keine Alltäglichkeit, will man meinen. Für die Anwohner "An der Heringsmühle" aber irgendwie schon. Sie haben in den sieben Monaten, in denen die Fechinger Talbrücke zunächst ganz, später nur noch für LKW gesperrt war, zwar vor der eigenen Haustür keine schlimmen Unfälle erlebt, aber auf der Flughafenstraße, hört man, hätte es oft gekracht. Vor der lärm- und abgasverseuchten Haustür ging es dann noch hektischer zu: das Verlassen der Garagen ein schlimmes Geduldsspiel, der Weg auf dem schmalen Gehsteig bis zum Bäcker eine gefährliche Mutprobe. Schnee von gestern? Schließlich wird ab Montag alles wieder gut oder zumindest so wie früher - stark befahren war die Heringsmühlen-Straße allerdings auch, bevor die Brücken-"Katastrophe" eintrat. "Ich traue dem Braten nicht", sagt eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht nennen will. Meint sie die Zusagen der Politik? Auch andere ältere Bürgerinnen reagieren so, als gäbe es den Öffnungstermin nicht, sprechen weiter von "Zumutungen". Beate Kurtz (83) klagt über Übelkeit: "Mir geht es körperlich schlecht. Ich freue mich nicht." Sie hegt Groll: "Ich war eingeschlossen in meinem eigenen Haus. Wir sind allein gelassen worden." Alle Maßnahmen - Tempolimit, Nachtfahrverbot für LKW, stationäre Blitzer, Fußgängerampel - hätten nichts genutzt, meint sie. Erleichterung braucht offensichtlich Zeit.

Auch Nachbar Mario Cutruneo klingt nicht wirklich fröhlich, aber auch nicht verärgert. Der Vater von vier Kindern hat nachts eine Lärmminderung bemerkt. Trotzdem ist Cutreneo unzufrieden mit der Politik. "Es gab am Anfang viel Desinteresse", hört man von Friedel und Conny Kaster aus der Nebenstraße "Im Brühl". Und auch Margit Killinger meint: "Wir mussten sehr viel Druck aufbauen, bevor etwas passierte." Doch dann sei gemacht worden, was zu machen war. Das Krisenmanagement der Verantwortlichen hält auch Armin Jost für in Ordnung: "Es wurde richtig reagiert, nur zu spät." Kritisch sieht er, dass kaum Polizei-Kontrollen erfolgten. Vornehmlich osteuropäische LKW-Fahrer hätten sich nicht an die Tempo-Vorgaben gehalten und seien wohl straffrei geblieben: "Die sind gut vernetzt, das spricht sich rum."

Genau dieser Umstand beunruhigt Nachbarin Killinger. Sie befürchtet, dass sich die Heringsmühle nun als Dauer-Schleichweg etablieren könnte. Autofahrer seien Gewohnheitstiere: "Der Verkehr wird am Montag nicht gleich wieder so, wie er vor der Sperrung war." Und selbst wenn - sie sieht Langzeitschäden. "Unsere Häuser werden sich schlechter verkaufen lassen." Die Heringsmühle werde derzeit als Problemfall wahrgenommen. Doch selbst wer warte, werde kaum einen besseren Preis erzielen. Denn nach der Baustelle ist in Fechingen vor der Baustelle. In zehn Jahren steht ein Brücken-Neubau an.

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