„Ich spiele, wie und was mir gefällt“

Saarbrücken · Einzelhändler in Saarbrücken beschweren sich über „talentlose“ Straßenmusiker, die lediglich an einer Abzocke der Passanten interessiert seien. Aber nicht alle Straßenmusiker lassen sich über einen Kamm scheren.

 Gern gesehen und bejubelt: Straßenmusiker auf dem Straßenmusik-Festival in den Gassen von Ottweiler. Foto: Caroline Henning

Gern gesehen und bejubelt: Straßenmusiker auf dem Straßenmusik-Festival in den Gassen von Ottweiler. Foto: Caroline Henning

Foto: Caroline Henning

Die einen lieben sie, den anderen scheint sie ein Dorn im Auge: Straßenmusik . Während in Ottweiler in diesem Jahr bereits zum zwölften Mal der Tag der Straßenmusik gefeiert wurde, hat man in Saarbrücken gerade eine Verordnung zur Einschränkung dieser Musikform beschlossen. Ein Widerspruch?

Der Ottweiler Geschäftsmann Hermann Brunneke, der das Festival 2004 aus der Taufe hob, lobt den Tag der Straßenmusik als Werbung für die Stadt (und die Besucherzahlen von mehreren Tausend pro Festival scheinen ihm Recht zu geben). Doch wer auf dem Ottweiler Festival auftritt, verstehe sich in der Regel auch als richtiger Straßenmusiker, der Spaß an seiner Kunst habe und für den der Verdienst zweitrangig sei.

Die Saarbrücker Verordnung richtet sich dagegen offenbar gegen eine andere Klientel. So sagt Max Schoenberg, Chef des Vereins für Handel und Gewerbe Saarbrücken , der rund 150 Gewerbetreibende in der Innenstadt vertritt und treibende Kraft bei der neuen Verordnung war: "Wir haben nichts gegen echte Straßenmusiker. Aber in letzter Zeit sind wir in der Landeshauptstadt von angeblichen Musikern regelrecht überrannt worden, die nur an Abzocke interessiert waren und keinerlei musikalisches Talent hatten." Soll heißen: Das offenbar wenig erbauliche Musizieren diene oft nur als Vorwand für organisiertes Betteln. "Der Missbrauch des öffentlichen Raums war unerträglich", sagt Schoenberg.

Bei der Stadt will das so niemand öffentlich artikulieren. Stadtpressesprecher Thomas Blug erklärt: "Wir verstehen Straßenmusik als festen Bestandteil der Saarbrücker City. Die Musiker tragen zum Flair der Innenstadt bei. Das soll auch so bleiben." Allerdings seien in der Vergangenheit vermehrt Beschwerden von Personen eingegangen, die sich von der Musik gestört fühlten. "Mit den neuen Regeln wollen wir einen Interessenausgleich ermöglichen. Ziel der Regelung ist es, den Musikern das Spielen weiterhin zu ermöglichen und gleichzeitig Belästigungen für Anlieger sowie für Mitarbeiter und Gäste der Gastronomiebetriebe, Geschäfte und Büros einzuschränken", so Blug.

Die Neuregelung sieht vor, dass das Musizieren eigens bei der Stadt beantragt werden muss (maximal zehn Bewilligungen pro Werktag) und nur an fünf bestimmten Standorten im Stadtgebiet zulässig ist (wir berichteten). Zudem sind feste Spielzeiten zwischen 10 und 12.30 Uhr sowie zwischen 14 und 20.45 Uhr vorgeschrieben. Das Musizieren darf nur zur vollen Stunde beginnen und maximal eine halbe Stunde andauern. Anschließend muss der Standort gewechselt werden.

Der Verein für Handel und Gewerbe Saarbrücken ist davon überzeugt, dass die Neuregelung bei den Straßenmusikern die Spreu vom Weizen trennen wird. "Wer nur eine halbe Stunde musizieren darf, für den wird sich bloße Abzocke schlicht nicht mehr lohnen", sagt Vereinschef Schoenberg. Zudem sei bereits in den vergangenen Wochen, als die geplante Verordnung unter Straßenmusikern die Runde gemacht habe, ein Rückgang der Auftritte zu verzeichnen gewesen.

Stadtpressesprecher Blug berichtet, dass sich sogar ein Bürger aus Eppelborn bei der Stadt Saarbrücken für die Verordnung bedankt habe. Demnach seien ihm Saarbrücken-Besuche in der Vergangenheit durch Straßenmusiker verleidet worden, jetzt aber wolle er wieder zum Bummeln und Einkaufen kommen. Ein Straßenmusiker in Saarbrücken , der anonym bleiben möchte, nennt die neue Verordnung dagegen "kleingeistig". Und: "Ich spiele, wie und was mir gefällt", sagt er.

Die Saarbrücker Verordnung ist übrigens nichts Ungewöhnliches. Ähnliche Verordnungen zur Einschränkung der Straßenmusik gibt es auch in Berlin oder Frankfurt. Seit Jahren übrigens auch in Saarlouis. Dort gebe es seither auch "keine nennenswerten Probleme mit Straßenmusikern", teilte ein Stadtsprecher mit. Das mag natürlich auch mit der eher überschaubaren Anzahl von Straßenmusikern vor Ort zu tun haben. In Homburg etwa räumt eine Stadtsprecherin auch gleich unumwunden ein, dass "es kaum Straßenmusiker" gibt und es deshalb "derzeit keine Veranlassung für eine Regelung" wie etwa in Saarbrücken gibt.

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