"Ich denke und träume deutsch"

Saarbrücken. Lucia Ingala-Hornung (40) hält den italienischen Reisepass und den deutschen Personalausweis in der rechten Hand. Seit Anfang August hat sie neben der italienischen die deutsche Staatsangehörigkeit. Ändern werde sich ihr Leben nicht, sagt sie. "Eigentlich war meine Einbürgerung überfällig, denn ich bin in Saarbrücken geboren

Saarbrücken. Lucia Ingala-Hornung (40) hält den italienischen Reisepass und den deutschen Personalausweis in der rechten Hand. Seit Anfang August hat sie neben der italienischen die deutsche Staatsangehörigkeit. Ändern werde sich ihr Leben nicht, sagt sie. "Eigentlich war meine Einbürgerung überfällig, denn ich bin in Saarbrücken geboren. Von Integration kann man bei mir nicht sprechen. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht."

Als junges Mädchen aber, so erinnert sie sich, war sie anders als die Spielkameraden in der Schule, weil ihre Eltern mit ihr italienisch sprachen. "Ich weiß noch, dass ich mich geschämt habe, wenn meine Mutter und ich in der Stadt unterwegs waren, wir uns auf Italienisch unterhielten und uns die Leute anstarrten. Für einen jungen Menschen ist es unangenehm aufzufallen. Man will sein wie die anderen." Ingala-Hornung lacht und sagt: "Kinder sind nicht immer politisch korrekt. Ausdrücke wie Spaghettifresser flogen meiner Schwester und mir nur so um die Ohren."

Hat sie das verletzt? Die gebürtige Italienerin nickt ernst. "Ja, das war verletzend. Aber das ist lange her, und heute sind Italiener alles andere als exotisch."

Als Kind verbrachte sie jeden Sommer auf Sizilien. Ihre Eltern stammen aus San Cono, einem kleinen Ort in der Nähe von Catania. "Später", sagt sie, "bin ich nicht mehr mitgefahren. Ich wollte auch noch andere Teile der Welt sehen." Zuletzt war sie vor 20 Jahren auf Sizilien, "aber mit der Familie dort halte ich telefonisch und per Mail Kontakt".

Der Sprache ihrer Eltern blieb sie dank eines Italienisch-, Spanisch- und Soziologiestudiums verbunden. Ingala-Hornung arbeitet als Masterkoordinatorin in der Computerlinguistik.

Mittlerweile ist sie Mutter zweier Söhne im Alter von 16 und acht Jahren. Sie sind Deutsche wie ihr Vater und sprechen kein Italienisch. "Ich wollte es ihnen beibringen. Aber wie so oft, macht der Alltag einem einen Strich durch die Rechnung." Die Söhne sind evangelisch getauft. Zum Leidwesen ihres katholischen Vaters. "Klar, hat der gemeckert", sagt sie und ergänzt, ihr Vater sei voriges Jahr gestorben.

"Ich bin hier zuhause"

Ihrer Entscheidung zur Einbürgerung sei eine "Mini-Identitätskrise" vorausgegangen. "Ich fragte mich: Wer bist du eigentlich? Ich habe in mich reingehorcht und festgestellt: Ich bin auf jeden Fall deutsch. Ich denke und träume deutsch, und ich bin hier zuhause." Ihr Blick wandert in den Garten des Einfamilienhauses in Dudweiler. Dort steht ein Tor, ein Ball liegt auf dem Rasen: "Mein jüngerer Sohn Luis ist fußballverrückt. Dass ausgerechnet die Italiener die Deutschen bei der EM aus dem Turnier werfen mussten, ließ ihn ausflippen, möglich, dass er das südländische Temperament seiner Mutter erbte."

255 Euro, überschlägt sie, hat die Einbürgerung gekostet: "Das fand ich stramm. Ich bin hier geboren, zahle meine Steuern seit jeher hier, ziehe zwei Kinder groß und werde dann zur Kasse gebeten." Viel Geld für etwas, das sie lange aufgeschoben hat, aber "eigentlich überfällig und selbstverständlich war". Und dann fällt ihr doch ein, was sich ändern wird: "Ich kann jetzt wählen gehen."

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