„Ich darf den bösen Jungen spielen“

Kaiserslautern · Dieses Mal ist es nicht Passau oder Hamburg. Michael Ewig darf heimatnah spielen. Der Freisener Musical-Darsteller steht derzeit im Pfalztheater Kaiserslautern in „West Side Story“ auf der Bühne. SZ-Redakteurin Melanie Mai sprach mit ihm über diesen Klassiker.

 Die Jets (von links): Oliver Burkia (Action), Jan Henning Kraus (A-Rab), Michael Ewig (Diesel), Richard Erben (Big Deal), Denis M. Rudisch (Baby John), Chris Kobusch (Snowboy). Foto: Stephan Walzl

Die Jets (von links): Oliver Burkia (Action), Jan Henning Kraus (A-Rab), Michael Ewig (Diesel), Richard Erben (Big Deal), Denis M. Rudisch (Baby John), Chris Kobusch (Snowboy). Foto: Stephan Walzl

Foto: Stephan Walzl

Wie fühlen Sie sich dabei, bei West Side Story auf der Bühne zu stehen?

Michael Ewig: Westside ist ein Klassiker, den sich sicherlich jeder Musicalmacher in seiner Vita wünscht. Die Kombination aus heimatnahem Engagement an einem festen Haus wie dem Pfalztheater in Verbindung mit dem Stück macht mich sehr glücklich, und ich bin sehr dankbar.

Was macht dieses Stück zu diesem absoluten Klassiker?

Ewig: Für mich in erster Linie natürlich die Komposition. Zur damaligen Zeit und natürlich auch von der Herkunft her hat diese Musik im Stück einen anderen Stellenwert. Musik wird heute schnell daherkomponiert, um eine Handlung zusammenzubinden. Viele moderne Musiktheaterstücke sollen Geld bringen, bringen aber die Liebe zum Fach nicht mehr auf die Bühne. Genau das ist bei Stücken wie West Side Story nicht der Fall. Es geht um die Musik. Und man braucht, wenn man sich mit dem Stück beschäftigt, auch teilweise länger, um die Musik zu verstehen und zu benutzen. Das bedeutet keinesfalls, das alles Moderne schlecht ist. Aber die Tiefe ist eine andere.

Sind Sie auch bei der Wiederaufnahme im September mit dabei?

Ewig: Dazu kann ich heute noch keine Auskunft geben. Die Gespräche laufen, allerdings werde ich in der nächsten Spielzeit auf Grund weiterer Engagements und einer Tournee nicht alle Vorstellungen spielen können. Meine Position müsste also doppelt besetzt werden. Was aber für mich okay wäre. Mich reizt es, viele Dinge zu probieren und zu spielen. In Kaiserslautern weiter am Haus und in dieser Show zu bleiben, trotzdem Neues anzugehen, das wäre toll.

Was ist das Besondere an dieser Kaiserslauterer Inszenierung?

Ewig: Für mich das Haus, die Bühne und das Ensemble. Durch die Bank die tollsten Kollegen, die man sich wünschen kann. Schauspieler vom Haus, das Ballett, Sänger vom Chor, Statisten und Gäste wie ich von außerhalb bilden ein riesiges Ensemble, welches - trotz der sehr unterschiedlichen Schwerpunkte in Tanz, Gesang und Schauspiel - zu einer Einheit verschmilzt und Spaß hat. Der Trubel hinter der Bühne, während vorne jemand "Maria" singt, ist schon was Besonderes. Das Ganze gepaart mit zwei sehr erfahrenen Kreativen in der Regie und in der Choreografie, welche sehr nach meinem Geschmack gearbeitet haben.

Was hat Sie persönlich dazu bewogen, mitzumachen?

Ewig: In erster Linie die Empfehlung meiner sehr geschätzten Kollegin Astrid Vosberg. Wir waren letztes Jahr beide Gäste in Landshut für "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruch" und lernten uns dort kennen. Als dann in Kaiserslautern , wo sie zum festen Ensemble gehört, noch ein Jet und Gino gesucht wurden, rief sie mich an, und ehe ich mich bei der Intendanz melden konnte, kam eine Stunde später schon der Anruf. In einem für mich zusammengerufenen Casting Samstagsmorgens um 10 Uhr wurde ich dann angehört und erst auf Gino besetzt. Beide Positionen standen zur Debatte, aber Gino habe ich zum damaligen Zeitpunkt bevorzugt. Nach der ersten Probenwoche kam dann - eine Stunde vor der Gala "One Night Only" in St. Wendel - der Anruf, dass man mich gerne umbesetzen würde auf einen der Jets, und ich habe sofort zugesagt. Letztendlich bin ich darüber sehr froh, denn ich bin das ganze Stück über auf der Bühne und habe - für mich - wesentlich interessantere Aufgaben als in der Gino-Position, die zwar eine kleine Sprechrolle ist, aber weiterhin nicht viel zu tun hat. Jetzt darf ich viel tanzen, singen und den bösen Jungen spielen. Und das macht doch Spaß. Die Show beginnt schon vor der Show. Ein Mann mit Hut und Knarre läuft durchs Publikum, junge, gut aussehende Burschen in Jeans und Lederjacken bahnen sich ihren Weg durch die Publikumsreihen im großen Saal des Pfalztheaters. Dann treffen sie sich alle auf der Bühne, stellen sich in Position - und die "West Side Story " beginnt.

Die Inszenierung im Pfalztheater besticht durch eine enorme Masse an Darstellern auf der Bühne; auch Michael Ewig aus Freisen ist fast in jeder Szene zu sehen. Er hat einige Text- und Gesangs- und mehrere Tanz-Passagen. Dabei sagte er im Gespräch mit der SZ, er habe sich bisher nie auf eine Rolle in diesem Musical beworben, "weil ich es für ein absolutes Tänzer-Musical hielt". Und der 32-Jährige, der unter anderem in St. Wendel eine Tanzschule betreibt, sieht sich nicht als "typischen Bühnen-Tänzer", weil er nicht der große Techniker sei. Das Gegenteil beweist er jetzt in Kaiserslautern . Ein absoluter Glücksgriff ist die Besetzung der Maria: "Nadine Eisenhardt besticht durch Ausstrahlung und eine Wahnsinns-Stimme. Im "Tonight"-Duett mit "Tony" Martin Pasching harmonieren zudem die beiden Stimmen wunderbar. Schade, dass Pasching, der seine Sache richtig gut macht, den letzten Ton nicht perfekt hinbekommt - und das ausgerechnet beim wohl bekanntesten Lied "Maria". Das Publikum nimmt es nicht übel. Es applaudiert begeistert. Und honoriert damit auch, dass die Lieder teilweise in deutscher, teilweise in der Original-Sprache gesungen werden.

Ab sofort sind neben kurzfristig möglichen Restkarten in dieser Saison Tickets für die Aufführungen im Herbst an der Theaterkasse, Telefon (06 31) 3 67 52 09; vorverkauf@pfalztheater.bv-pfalz.de, erhältlich.

pfalztheater.de

Zum Thema:

HintergrundWest Side Story feierte am 26. September 1957 im New Yorker Winter Garden Theatre l seine Uraufführung. Der damals 39-jährige Leonard Bernstein war für die Musik verantwortlich. Die Handlung des Musicals greift die zeitlose Liebesgeschichte von Romeo und Julia auf. Wie in Shakespeares Tragödie wird die Geschichte einer tiefen, aber unmöglichen Liebe erzählt, doch rücken die Autoren des Musicals sie in die Gegenwart der von Rassenkonflikten zerrissenen Lower West Side von Manhattan. Aus den verfeindeten adeligen Familien im Verona der Renaissancezeit werden zwei Gangs von sich einheimisch fühlenden Amerikanern ("Jets") und eingewanderten Puerto Ricanern ("Sharks"), die um die Vorherrschaft auf der Straße rivalisieren. Die Situation wird blutig ernst, als sich der Amerikaner Tony und die Puerto Ricanerin Maria, die Schwester Bernardos, des Anführers der Sharks, beim Tanzen treffen und sich ineinander verlieben. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort