Huren halten sich an neue Regeln

Saarbrücken · Seit gut einem Monat haben Prostituierte viel weniger Platz und Zeit, auf dem Straßenstrich Geld für sich und ihre Hintermänner zu verdienen. Polizei und Stadt wissen sehr wohl, dass sich damit die Ursachen für diese Form der Prostitution nicht beseitigen lassen. Und dass Verstöße deswegen unvermeidlich sein dürften.

Frauen, die ihre Körper verkaufen müssen, schmiegten sich im Deutschmühlental heftig zuckend aneinander. Am helllichten Tag. Und zum Entsetzen von Friedhofsbesuchern. Szenen wie diese empörten Passanten. Die Straßenprostitution boomt in der Landeshauptstadt, was Saarbrücken bundesweit einen zweifelhaften Ruf verschaffte.

Stadt und Land haben reagiert, um zumindest die Auswüchse zu beseitigen. Seit dem 1. April macht eine neue Verordnung fast ganz Saarbrücken zum Sperrbezirk. Davon ausgenommen sind nur noch drei Straßen in St. Johann, Alt-Saarbrücken und Burbach (siehe Infografik). Und zwar nur nachts. An Sonn- und Feiertagen ist die Prostitution auch dort verboten. Gut einen Monat sind die neuen Regeln in Kraft. In diesen Wochen lag das Augenmerk darauf, alle Frauen auf dem Straßenstrich über die neuen Regeln aufzuklären. Zum Beispiel mit einer in mehrere Sprachen übersetzten Broschüre. Ergebnis: Fast alle Straßen-Prostituierten sind offenbar über die Regeln informiert. Sie halten sich an die neuen Vorschriften und stehen während der erlaubten Zeiten an den noch zugelassenen Orten.

Aber Triumphgefühle stellen sich deswegen bei keinem Polizisten, keinem Mitarbeiter der Stadtverwaltung ein, die das neue Regelwerk durchsetzen müssen. Sie wissen nur zu gut um die miese Lage der Frauen, die auf den Strich gehen.

Jörg Wagner, der stellvertretende Leiter der Inspektion St. Johann, kennt die Folgen der neuen Vorschriften. Sie schränken das Geschäft der Frauen und ihrer Zuhälter mit dem schnellen Sex deutlich ein. "Der Geldkreislauf ist immens gestört", sagt Wagner. Das habe Folgen: "Es wird Verstöße geben, weil Geld wegbricht."

Das sei mit ein Grund, warum Prostituierte testen, wie eng die Polizei die Grenzen denn wohl auslegt. Etwa beim Feiertagsverbot. Jörg Wagner: "Der Sonntag beginnt nun einmal um 0.01 Uhr, und das gilt es zu respektieren." Genauso wichtig sei es aber auch, "die Kirche im Dorf zu lassen". Wagner will keine Debatten darüber, an welchem Teil der Homburger Treppe und wie viele Zentimeter dahinter denn der Straßenstrich endet. Die Treppe ist die Grenze des St. Johanner Straßenstrichs Richtung Dudweiler. Und es könne natürlich sein, dass eine Prostituierte nach längerer Zeit in der Heimat wieder in Saarbrücken auftaucht und noch nicht weiß, was sich hier getan hat.

Der Straßenstrich im Deutschmühlental liegt auf dem Gebiet der Polizeiinspektion Alt-Saarbrücken. Markus Müller ist deren stellvertretender Leiter. Er sagt, es habe nur vereinzelt Verstöße gegen das Verbot gegeben. "Aber die Lage hat sich deutlich entspannt."

Nächster Schritt ist, die um die 16 Frauen mit einer bis zur ehemaligen Gulliver-Welt verlängerten Tempo-30-Zone vor Rasern zu schützen. "Wir werden intensiv beobachten, dass Tempo 30 dort auch nachts eingehalten wird."

Die Polizei in Burbach hat die paar hundert Meter der Hochstraße im Blick, auf der die Straßenprostitution noch erlaubt ist. Thomas Kolz, stellvertretender Inspektionsleiter, sagt, die PI habe inzwischen ein Verstoßverfahren eingeleitet. Die Betroffene müsse mit einem Bußgeld von 250 Euro rechnen. Wie in den anderen Stadtteilen gelte aber: "Die Damen halten sich zum größten Teil an die Vorschriften."

Auch die Stadt will den betroffenen Frauen gerecht werden, sollte es Ärger geben. "Wir werden die individuelle Situation berücksichtigen", sagte Stadtsprecher Thomas Blug. Die Saarbrücker Regeln seien das, was eine Kommune gegen die Auswüchse der Straßenprostitution tun könne. Und sie seien ein Signal an die Zuhälter, dass die Stadt Prostitution nicht haben will - sie aber nicht verbieten darf.

Auf eine Handhabe gegen zudringliche Freier angesprochen, antwortete Blug: "Sollte nachweisbar das Problem auftreten, dass Freier im Sperrbezirk Frauen ansprechen, um sexuelle Handlungen gegen Geld zu vereinbaren, könnten wir dies in der Polizeiverordnung untersagen. Dann müssten die Freier bei Verstößen mit Bußgeldern rechnen. Voraussetzung ist aber, dass Verstöße in einem relevanten Ausmaß stattfinden."

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