Hoffmann-Bethscheider: Innenminister soll Gutachten als „echte Diskussionsgrundlage“ abwarten

Saarbrücken · Bund, Land, Kreise und Gemeinden müssen gemeinsam ihren Beitrag zur Verbesserung der Kommunalfinanzen leisten. Heftige Kritik äußerten die Landräte am Vorgehen des neuen Innenministers Klaus Bouillon (CDU).

 Professor Martin Junkernheinrich ist bundesweit als Gutachter für die Finanzen der Kommunen gefragt. Foto: Friedemann Vetter

Professor Martin Junkernheinrich ist bundesweit als Gutachter für die Finanzen der Kommunen gefragt. Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Wohl selten hat es um ein Finanz-Gutachten im Saarland solche Geheimniskrämerei gegeben. Die Präsentation der Studie des Kaiserslauterer Ökonomen Professor Martin Junkernheinrich wurde zuletzt verschoben, es gibt offenbar noch Gesprächsbedarf. Der Grund für die allgemeine Nervosität ist, dass das Gutachten als Grundlage für die Kommunalreform in diesem Jahr dienen soll - was drin steht, soll auch umgesetzt werden. Gutachter, Landesregierung, Bürgermeister und Landräte haben bis zur Präsentation Anfang März strikte Vertraulichkeit vereinbart.

Wie zu hören ist, sieht Junkernheinrich an verschiedenen Stellen Handlungsbedarf. So ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass das Land mehr für seine 52 Städte und Gemeinden tun müsste. Vereinfacht gesagt haben die Berechnungen ergeben, dass das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben bei den Kommunen schlechter ist als beim Land - und sich dieser sogenannte Symmetrie-Koeffizient besonders durch die jüngsten Eingriffe des Landes in den Kommunalen Finanzausgleich (Anteil der Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes) verschlechtert hat. Junkernheinrich hält es offenbar für nötig, dass das Land seine finanziellen Mittel für die Kommunen deutlich aufstockt. "Das wird dem Innenminister sehr wehtun", sagt ein Vertreter der kommunalen Seite. Allerdings gibt es beim Land methodische Zweifel an Junkernheinrichs diesbezüglichen Zahlen. Städte und Gemeinden klagen seit Jahren, dass sie zur Sanierung des Landeshaushaltes herangezogen werden.

Junkernheinrich regt auch eine schärfere Kommunalaufsicht an, lässt das Wie - ob durch Rechnungshof, Landesverwaltungsamt oder externe Wirtschaftsprüfer - aber offen. Nachgedacht wird nach SZ-Informationen darüber, dem Vorbild Nordrhein-Westfalen zu folgen. Dort greift die Kommunalaufsicht seit einigen Jahren teilweise rigoros durch, um hochdefizitäre Kommunen zum Sparen zu zwingen.

In einem anderen Punkt allerdings wird Junkernheinrich den Kommunen eine Mitschuld an ihren Finanzprobleme geben: Er ist der Meinung, dass sie ihr Potenzial weder beim Erhöhen der Einnahmen noch beim Senken der Ausgaben ausgeschöpft haben. So wird der Gutachter den Kommunen empfehlen, die Grundsteuer auf Grundstückseigentum zu erhöhen. Auch die Gebühren, etwa für Verwaltungsleistungen, Kita oder Friedhof, sollen steigen. Bei all diesen Einnahmen hinkt das Saarland den Zahlen zufolge hinter anderen Bundesländern her.

Junkernheinrich hat überdies einen Personalüberhang bei den Saar-Kommunen ermittelt. Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) war vor einigen Tagen mit der Forderung nach zehn Prozent weniger Personal vorgeprescht. Ob diese Zahl im Gutachten auftaucht, ist aber fraglich. Die Landkreise rechnen mit fünf bis sieben Prozent.

Neben dem Land und den Kommunen sieht der Professor auch den Bund in der Pflicht. Der Bund beschließt die wesentlichen Sozialleistungen, überlässt die Finanzierung bei einem großen Teil dieser Aufgaben (Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Bezieher, Hilfe zur Pflege, Jugendhilfe, Leistungen für Asylbewerber) aber den Kommunen beziehungsweise den Landkreisen. Hier sind sich Kommunen und Land einig, dass aus Berlin deutlich mehr kommen muss.

Das Gutachten hatte die Landesregierung mit dem Städte- und Gemeindetag in Auftrag gegeben. In Workshops hatte Junkernheinrich mehrmals mit Vertretern des Innenministeriums, Bürgermeistern und Landräten über Zwischenergebnisse diskutiert. Im Nachhinein war zu hören, die Ergebnissen hätten "Hand und Fuß" und seien methodisch von "sehr hoher Qualität".

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