Hofer rechnet mit dem Finale

Bous/Diefflen · Bundestrainer sind wir derzeit ja alle ein bisschen. Ist es gut, Miro Klose draußen zu lassen? Soll Philipp Lahm besser ins Mittelfeld? Und kann man auf Basti Schweinsteiger verzichten? Wie aber sehen wirkliche Trainer die Auftritte der DFB-Elf? Um das herauszufinden, schaut ihnen die SZ beim Zugucken über die Schulter. Dieses Mal bei Thomas Hofer vom FV Diefflen.

 Thomas Hofer freut sich über den WM-Auftakt der deutschen Mannschaft. Fußballspiele im Fernsehen sind für ihn auch immer eine Art kostenlose Fortbildung.Foto: Schlichter

Thomas Hofer freut sich über den WM-Auftakt der deutschen Mannschaft. Fußballspiele im Fernsehen sind für ihn auch immer eine Art kostenlose Fortbildung.Foto: Schlichter

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Wenn die mit dem Adler auf der Brust in Brasilien Fußball spielen, sitzen in der Heimat wieder einmal 80 Millionen Bundestrainer . Manche davon sind sogar selbst echte Übungsleiter - und bei einem habe ich mich für das Spiel gegen Portugal eingeladen. Das Wohnzimmer vom Trainer des Oberliga-Aufsteigers FV Diefflen ist eher dezent geschmückt - ein paar Trikots, eine Fahne. Im alten Panasonic-Röhren-Fernseher von Thomas Hofer läuft die Hymne, Kollege Jogi Löw ist im Bild. "Er hat eine Spielidee. Einen Plan, der oft aufgeht", lobt der 31-jährige Referendar für Sport und Geschichte seinen nicht unumstrittenen Trainer-Kollegen. Dann aber folgt ein Aber. "Seine Mannschaften sind oft zu brav. Es fehlt der letzte Wille, wenn es um die Wurst geht. Aber heute bin ich sicher: Die machen ein Riesenspiel."

Anstoßen beim Anstoß. Das erste Bier ist noch fast unberührt, als Philipp Lahm für den ersten Aufreger sorgt. "Du Blinder", kommentiert Trainer Hofer den Ballverlust des Kapitäns, der zur ersten Chance für Portugals Superstar Cristiano Ronaldo führt. "Die Erwartungshaltung an CR7 ist enorm. Man darf nicht vergessen, dass er in diesem Jahr schon viele Spiele in den Beinen hat", weiß Hofer. Als Mario Götze wenig später umgerissen wird und Müller das 1:0 markiert, wird die sachliche Analyse zur Nebensache. "Müller ist der Allergeilste, mein absoluter Lieblingsspieler", ruft Hofer euphorisch, um nach dem 2:0 durch Mats Hummels ganz zum Experten zu mutieren: "Bei dieser WM fallen viele Tore nach Standardsituationen. Wenn man die entsprechenden Spieler hat, sind sie ein gutes Mittel, wenn ein Spiel auf der Kippe steht." Die WM also eine kostenlose Fortbildung für Amateurtrainer? "Durchaus!", sagt zumindest Diefflens Chef-Coach und ergänzt: "Ich schaue mir viele Dinge aus der Bundesliga oder der Nationalmannschaft ab. Das Problem ist nur: Im Amateurbereich hat man nur selten die Zeit, solche Sachen perfekt einzustudieren."

Die Rote Karte für Portugals Pepe wird in der kleinen Bouser Runde fast kommentarlos zur Kenntnis genommen. "Das ist Dummheit und eine gute Portion Frust." Nach Müllers 3:0 ist die Partie gelaufen - Hofers Halbzeitanalyse: "Besser kann es nicht laufen. Die Variante mit vier Innenverteidigern in der Viererkette funktioniert, auch weil die drei Spieler davor immer wieder das Zentrum schließen. Nach vorne spielen wir sehr flexibel."

Dann ruft Hofers Freundin Svenja Kissel an. Die Journalistin ist dienstlich beim Public Viewing in Zweibrücken. Dort fiel gerade der Bildschirm aus - sie sieht schwarz, was sich aber nur auf die Leinwand vor ihr bezieht. Ansonsten ist alles im grünen Bereich. So schalten die Deutschen auch einen Gang zurück. Das gibt Gelegenheit über falsche Neuner, echte Sechser, den FV Diefflen und das Abenteuer Oberliga zu philosophieren. "Wir starten am 28. Juni mit der Vorbereitung. Dann sind die WM-Spiele alle so spät, dass wir nichts verpassen."

Das 4:0 durch Müller und die Verletzung von Mats Hummels laufen nebenbei mit. "Hummels ist vielleicht derzeit unser bester Innenverteidiger. Aber auch sein Ausfall wäre kein Problem. Löw hat genug Alternativen", findet Hofer, stellt das Bier zur Seite und setzt zum Fazit an. "So stellt man sich einen Auftakt vor. Sehr gut gefallen hat mir das Gegenpressing. Nach Ballverlust haben wir kaum Konter zugelassen. Das war wichtig. Ich hatte schon vorher gesagt, dass wir ins Finale kommen. Dieses Spiel hat den Eindruck bestätigt."

Der Besuch bei "Bundestrainer Hofer" hat Spaß gemacht und Vorfreude geweckt, auf den nächsten bei einem seiner 80 Millionen Kollegen. Am Samstagabend gegen Ghana.

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