Hier schleppt die Stadt Saarbrücken rigoros ab

Saarbrücken · Wer sein Auto an der falschen Stelle parkt, kann abgeschleppt werden. In Saarbrücken zählen dazu auch Fahrradwege. Das brachte jetzt einen Autofahrer mächtig auf die Palme. Er zweifelt an der Verhältnismäßigkeit.

 In der Bleichstraße wird es für Radfahrer gefährlich, wenn der Radweg zugeparkt ist. Die Stadt schleppt daher schnell ab. foto: Becker&Bredel

In der Bleichstraße wird es für Radfahrer gefährlich, wenn der Radweg zugeparkt ist. Die Stadt schleppt daher schnell ab. foto: Becker&Bredel

Saarbrücken hat mit die höchste Autodichte deutscher Großstädte. 2014 kamen auf 1000 Einwohner 642 Autos. 114 907 Autos waren in Saarbrücken gemeldet, bei 179 010 Einwohnern. Das Schlimmste, was einem Autofahrer passieren kann, ist, dass jemand sein Auto an den Haken nimmt und abschleppt. Florian Müller ist das Anfang Januar in der Bleichstraße passiert. Er hatte sein Auto gegenüber der "Garage" auf dem Fahrradweg geparkt. Zu dieser Zeit, 21 Uhr, habe es bei drei Grad stark geregnet. Vier Männer vom Ordnungsamt seien vor Ort gewesen, um den Abschlepp-Vorgang zu betreuen. Verhindern konnte Florian Müller ihn nicht.

Seine Wut auf die Stadt war so groß, dass er den Stadtoberen und der SZ einen Brief schrieb: "Die Engstirnigkeit und die Kleinbürgerlichkeit", die hier gelebt würden, störten ihn. Laut der Recherche eines Männermagazins von 2012 hat Saarbrücken die höchsten Parkgebühren bundesweit. Die Stadt habe nicht genug Parkplätze , damit Autofahrer diesem Wucher entgehen können, sagt Florian Müller. Er fühle sich abgezockt und schikaniert. Er wohne in der Paul-Marien-Straße und habe einen entsprechenden Parkausweis. Nur: Wenn er nach 18 Uhr von der Arbeit komme, finde er selten in der Gegend einen Parkplatz, beschwert er sich. Er sagt, es sei unverhältnismäßig, in der Bleichstraße Autos gleich abschleppen zu lassen.

Florian Müller hatte sein Auto ausgerechnet auf der Straße in Saarbrücken geparkt, in der laut Ordnungsamt zusammen mit der Betzenstraße und der Saaruferstraße im vergangenen Jahr am häufigsten abgeschleppt wurde. In ganz Saarbrücken wurden auf diese Weise insgesamt 512 Autos weggebracht. Darüber hinaus gab es weit mehr Parkverstöße: Mitarbeiter des Ordnungsamtes verteilten 192 552 Knöllchen.

Robert Mertes ist in der Stadt der Ansprechpartner für die Bürger. Er sagt, das Ordnungsamt lasse Autos nur aus Sicherheitsgründen entfernen: "Wir lassen Fahrzeuge ausschließlich in Gefahrensituationen oder bei besonderen Behinderungen abschleppen. Hierzu zählen besonders Verstöße, die in Paragraf 12 StVO ,Halten und Parken' aufgelistet sind. Gleiches gilt bei Verstößen wie dem Versperren von amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten und Rettungswegen sowie beim unberechtigten Parken auf Behindertenparkplätzen." Im Falle von Florian Müller hat der Bürgerreferent beim Ordnungsamt nachgefragt: "In dem konkreten Fall haben wir das Fahrzeug abschleppen lassen, da das Fahrzeug auf dem Radweg in der Bleichstraße abgestellt war. Das stellt eine Gefahr für Radfahrer dar, da sie auf die Fahrbahn ausweichen müssen, insbesondere bei regnerischem Wetter wie an dem besagten Abend. Nach herrschender Rechtsprechung ist bereits das Abschleppen eines teilweise auf einem Radweg abgestellten Fahrzeugs verhältnismäßig, wenn es den Radweg unter Berücksichtigung seiner jeweiligen Verkehrsbedeutung mehr als unwesentlich einengt. Radfahrer müssen grundsätzlich nicht damit rechnen, dass der Radweg auch nur teilweise blockiert ist."

Als Antwort auf die von Florian Müller kritisierte Parkplatznot hat die Stadtverwaltung folgende Zahlen geliefert. In Saarbrücken gibt es 15 170 Parkplätze . Zirka 8500 Parkplätze davon werden von privaten Anbietern bewirtschaftet.

Zum Thema:

HintergrundParagraf 12 StVO: Halten und Parken(1) Das Halten ist unzulässig1. an engen und an unübersichtlichen Straßenstellen,2. im Bereich von scharfen Kurven,3. auf Einfädelungs- und auf Ausfädelungsstreifen,4. auf Bahnübergängen,5. vor und in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten.(2) Wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält, der parkt.(3) Das Parken ist unzulässig1. vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen bis zu je fünf Meter von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten,2. wenn es die Benutzung gekennzeichneter Parkflächen verhindert,3. vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber,4. über Schachtdeckeln und anderen Verschlüssen, wo durch Zeichen 315 oder eine Parkflächenmarkierung das Parken auf Gehwegen erlaubt ist,5. vor Bordsteinabsenkungen.

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