Heimatkundler begutachten historischen Ort in Merchingen

Merchingen · An wechselnden Orten trifft sich der Kreisheimatverein Merzig-Wadern (KHV) zu seinen Vorstandssitzungen. Die Mitglieder wollen sich vor Beginn über die Geschichte oder historische Bauwerke der Städte und Dörfer informieren.

 Die Mitglieder lauschten andächtig der Entstehungsgeschichte der St.-Agatha-Kirche. Foto: Norbert Becker

Die Mitglieder lauschten andächtig der Entstehungsgeschichte der St.-Agatha-Kirche. Foto: Norbert Becker

Foto: Norbert Becker

Diesmal war Merchingen an der Reihe, wo Theo Seiwert, Urgestein des Dorfes und Mitglied des örtlichen Heimatvereins, den KHV-Vorsitzenden Hubert Schommer und seine Kollegen zur Besichtigung der St. Agatha-Kirche begrüßen konnte. Seiwert, vor seiner Pensionierung als Schulleiter in Merzig tätig, gab dann einen Rückblick auf die Geschichte des Gotteshauses.

37 Jahre spielte er Orgel

Er kennt sie wie auch das Gebäude selbst bestens, denn 37 Jahre spielte er hier die Orgel, war Chorleiter des Kirchenchores, Mitglied des Verwaltungsrates und hat unter anderem eine Chronik geschrieben. "Gleich nach ihrer Erbauung im Jahre 1929 war die Kirche ein Mekka der Architektur- und Theologiestudenten. Sie galt als charakteristisches Werk des österreichischen Baumeisters und Akademieprofessors Dr. Clemens Holzmeister (1886-1983) richtungweisend in der modernen Sakralbaukunst", so Seiwert.

Der 1928 nach Merchingen versetzte Pastor Johann Speicher hatte in Holzmeister den Architekten gesehen, von dem er den angestrebten Kirchenneubau nach seinen Vorstellungen erwarten konnte. Nachdem Holzmeisters erster Entwurf seine Zustimmung gefunden hatte, musste auch die Pfarrei für das Projekt gewonnen werden, was nicht einfach war. Nicht wenige Bürger waren generell gegen einen Neubau, weil das Geld dazu fehle, und daher nur schwer umzustimmen. Schwierigkeiten ergaben sich ebenso, um die Begeisterung für eine moderne, wie von Holzmeister entworfene Kirche zu wecken. Mit der Aussage "Die löö hät joh noch net emoal en Turem" unterstrich ein Ratsmitglied seine Ablehnung.

Trotz allem gelang es Pastor Speicher, die Merchinger für die Idee der Holzmeister-Kirche zu begeistern und zu einem beispiellosen Eifer anzuspornen, wie man ihn bis dahin in dem Bauerndorf nicht kannte. Geld wurde geopfert und Handarbeit sowie Fuhren mit Pferde- und Kuhgespannen kostenlos geleistet.

Die Anstrengungen haben sich gelohnt. So entstand eine bemerkenswerte, in das Dorf eingepasste, weithin bekannte Kirche. Ebenso wurden auch neben ihr ein Pfarrhaus und ein Jugendheim errichtet, die mit den Fronten der Nachbarhäuser ein einheitliches Ambiente bilden.

Raumkonzept

Bei dem Bauwerk wird in architektonischer Hinsicht das geniale Einfühlungsvermögen Holzmeisters sichtbar, mit dem er es in die Landschaft und in das Dorf hinein komponiert hat und sich harmonisch dort einfügt. Seiwert erläuterte auch das Raumkonzept der Kirche, den Hauptaltar, auf den die Gläubigen ohne Säulen blicken können, das Kirchenschiff in Kreuzform, das Dachgebälk mit den es tragenden zwölf Aposteln, Kriegsschäden und deren Beseitigung, die große Restaurierung von 1979 bis 1985. "Als Merchinger liebe ich unsere Kirche", bekennt Seiwert stolz.

Die KHV-Vorstandsmitglieder bedankten sich bei ihm für die interessanten Ausführungen, ehe man sich zur Sitzung im Nebenzimmer des Gasthauses "Zum Blütental" begab. Dort wurde Peter Kiefer aus Oberleuken als neues Mitglied begrüßt. Themen wie Förderung, eine Nachbetrachtung des Jahrbuches 2013 und Vorschau auf die Ausgabe 2014, eine Barockstraße im Kreis, die Zusammenarbeit mit Schulen, das Jubiläum der evangelischen Kirchengemeinde Merzig im Jahre 2015 und so weiter wurden erörtert. Zu diesem Punkt war auch Pfarrer Klaus Künhaupt anwesend.

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