„Hector – das ist für uns Saarländer klasse!“

Die Europameisterschaft in unserem Nachbarland Frankreich elektrisiert die Fußball-Fans im Saarland. Die deutsche Nationalmannschaft geht als Weltmeister in das Turnier vor unserer Haustür, das erstmals mit 24 statt 16 Teams gespielt wird. Wir haben vor dem Anpfiff der EM aktive und ehemalige Spieler sowie Trainer aus dem Saarland nach ihrer Meinung gefragt. Was trauen sie der deutschen Elf zu? Muss der Weltmeister ins Finale stürmen? Hat Bundestrainer Joachim Löw die richtigen Spieler nominiert? Wer zählt zu den Titel-Favoriten?

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Foto: MULTHAUP/DPA

Abwehrspieler Rouven Weber, Kapitän des SV Röchling Völklingen: "Ich traue der deutschen Mannschaft den Finaleinzug zu. Allerdings gehört bei einem Turnier auch immer das notwendige Glück dazu. Deutschland gehört für mich klar zum Favoritenkreis - wie Spanien, Italien und Frankreich. Wobei ich die Belgier auch sehr stark einschätze." Weber ergänzt mit Blick auf den Kader: "Meiner Meinung nach hätte Robert Huth eine Nominierung verdient gehabt."

Timo Töttel, Trainer des TuS Eschringen: "Bei dem Thema Nominierungen hat unser Bundestrainer schon öfters mit Überraschungen aufhorchen lassen. Wobei für mich gerade Joshua Kimmich und Julian Weigl nicht wirklich überraschen. Auch, weil mit Ilkay Gündogan ein wichtiger ,Sechser' fehlt und abzuwarten bleibt, was mit Bastian Schweinsteiger passiert." Töttel glaubt: "Wir Deutsche gelten zwar immer als Turnier-Mannschaft. Aber gerade nach dem Umbruch seit dem WM-Titel sehe ich uns nicht als Favorit, sondern eher Mannschaften wie Spanien, Belgien oder die Franzosen mit ihrem Heimspiel im Rücken. Ich denke mit dem Viertel- oder Halbfinale können wir mehr als zufrieden sein."

Willy Bauer, Schiedsrichter aus Büschdorf und Trainer des SCV Orscholz: "Deutschland zählt bei großen Turnieren immer zum Favoritenkreis. Ebenso wie Spanien und Frankreich. Vielleicht kann auch die junge englische Mannschaft für eine Überraschung sorgen. Italien und Belgien haben Außenseiter-Chancen." Wenn Löw "nicht wieder ein paar Ideen bekommt, wird er auf jeden Fall das Halbfinale erreichen. Ich mag ihn als Trainer nicht so, aber er ist Weltmeister und hat scheinbar alles richtig gemacht". Zum Kader sagt Bauer: "Torwart-Position: eine Riesen-Auswahl. Ebenso im Mittelfeld. Sturm: ganz Okay, viele Optionen. Abwehr: schwierig. Im großen Ganzen ist Löws Auswahl nachvollziehbar. Schweinsteiger würde ich auch mitnehmen, wenn er einigermaßen fit wird." André Schürrles und Lukas Podolskis Nominierung sei dagegen "ein Witz!", die von Kimmich fragwürdig. Bauer ergänzt aus saarländischer Sicht: "Super für unseren Jonas Hector. Ich denke, er ist auf der linken Seite gesetzt."

Markus Woll, Spielertrainer der Spvgg. Quierschied: "Deutschland ist als Weltmeister Favorit, aber die EM-Qualifikation hat gezeigt, dass jeder gegen den Weltmeister besonders motiviert ist. Aber ich glaube, dass wir im Finale stehen werden. Wir sind als Turniermannschaft bekannt." Zur Nominierung sagt Woll: "Ich finde es gut, dass Löw an verdienten Spielern wie Schweinsteiger festhält. Er ist unser Kapitän und alleine wegen seinem WM-Finale wäre er bei mir gesetzt - sofern er fit ist. Auf der anderen Seite haben wir viele gute, junge Spieler im Aufgebot. Ich hätte André Hahn noch belohnt. Er hat sich nach seiner Verletzung stark zurückgekämpft. Aber gerade im Mittelfeld haben wir ein Überangebot. Jonas Hector finde ich keine Überraschung - das ist für uns Saarländer klasse. In der Abwehr bin ich gespannt. Da glaube ich, dass Löw noch abwartet und vielleicht auch im Turnier umstellen wird." Zu den Favoriten zählt er "die üblichen Verdächtigen Spanien und Italien. Ich hoffe, dass Frankreich bei der Heim-EM gut spielt. Das wäre für die Stimmung gut. England hat einen Umbruch vollzogen und war beim 3:2-Sieg im Testspiel gegen uns stark. Belgien und Österreich sind meine Überraschungstipps".

Wenanty Fuhl aus Rentrisch, ehemaliger Bundesliga-Spieler für den 1. FC Saarbrücken : "Ich wünsche mir, dass Polen ins Finale kommt und als Sieger nach Hause fährt. Aber das bleibt nur mein Wunsch als alter Oberschlesier. Deutschland erreicht mindestens das Viertelfinale. Aber mein Favorit ist Frankreich."

Thomas Bettinger, Trainer des SV Ritterstraße: "Ich glaube, dass unsere Mannschaft aufgrund ihrer Qualität es bis in das Halbfinale packen sollte. Was die Auswahl der Spieler betrifft, kann man sich immer streiten. Ich hätte neben Hector noch einen zweiten Linksverteidiger mitgenommen. Wobei sich Löw vielleicht auch mangels Alternativen dagegen entschieden hat." Sehr bitter findet Bettinger den verletzungsbedingten Ausfall von Reus: "Wir haben zwar Alternativen, aber niemand mit dessen Qualitäten. Gespannt bin ich auf die Neulinge, hier traue ich Leroy Sané eine Menge zu." Favoriten auf den Titel sind für ihn "die üblichen Verdächtigen wie Deutschland, Spanien und Frankreich sowie dazu Belgien. Ich denke, dass es eine von diesen vier Nationen machen wird".

Björn Klos, Trainer der DJK Bildstock, traut "uns grundsätzlich nach dem WM-Triumph alles zu. Zum einen ist die Mannschaft in der Lage, gegen jeden zu bestehen und ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden. Zum anderen ist man bei so einem Turnier aber auch schneller draußen, als man glaubt. Wichtig wird die Gier auf den Erfolg sein". Dass der Weltmeister ins Finale stürmen müsste, sieht er "nicht unbedingt so. Die Konkurrenz ist nicht weniger groß als bei einer WM. Und dass in einem möglichen Viertelfinale schon Italien oder Geheimfavorit Belgien wartet, macht die Sache auch nicht leichter". Dass der Bundestrainer die richtigen Spieler nominiert hat, "davon gehe ich aus, da es schließlich der Job von Löw ist. Aber es gehört einfach dazu, dass jetzt natürlich 80 Millionen Deutsche darüber diskutieren, was richtig und was falsch ist. Ich denke, dass er die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Er kennt die Jungs am besten und muss eine gute Mischung für so ein Turnier finden. Nur mit Jungen, die gerade eine ordentliche Bundesliga-Runde gespielt haben, aber wenig internationale Erfahrung haben, oder Älteren, die sich immer wieder mit Verletzungen plagen und nicht zu 100 Prozent fit sind, wird es schwer. Man braucht ein gutes Händchen für solche Entscheidungen - und dass Löw das hat, wurde vor zwei Jahren bei der WM bewiesen".

Christoph Müller vom FC Rastpfuhl, Torschützenkönig der Landesliga Süd: "Bei einem Turnier ist mit der deutschen Nationalmannschaft immer zu rechnen. Das Finale muss das Ziel sein." Müller sieht Deutschland als den klaren Favoriten an - und als Geheimfavoriten Belgien und Frankreich. Dass Löw auf junge Spieler setzt, lobt er: "Kimmich hat es sich aufgrund seiner starker Leistungen beim FC Bayern München absolut verdient." Aber auch, dass der Bundestrainer an verdienten Spielern festhält: "Ein Podolski ist meiner Meinung nach ein absolutes Muss, genauso wie ein Schweinsteiger. Zu Marco Reus kann ich nur sagen: Sein Ausfall ist sehr bitter, da er ein absoluter Weltklasse-Spieler ist."

Peter Rubeck aus Gersheim, Trainer von Eintracht Trier , sagt: "Ich traue den Deutschen das Finale und den Titel zu." Er verweist darauf: "Wir sind eine Turniermannschaft. Zu den Favoriten zähle ich noch Frankreich und Belgien." Rubeck ist nicht mit allen Nominierungen zufrieden. Er hätte gerne Huth und Kevin Trapp im Aufgebot des Weltmeisters gesehen.

Steven Dooley, Sportkoordinator des FC Homburg, glaubt, dass Voraussetzung für den Gewinn des EM-Titels zwei Dinge seien. Erstens ein ähnlicher Teamgeist wie bei der WM in Brasilien. Dooley sagt: "Das ist etwas, was Löw bei unseren Spielertypen hinbekommt." Zweitens: das Erreichen des Leistungsoptimums der Spieler. "Problematisch sehe ich die Verletzungen von Schweinsteiger, der als echter Typ der Mannschaft fehlen würde. Und würde auch Hummels ausfallen, würde das die Innenverteidigung sehr schwächen. Weiter bin ich mir nicht sicher, ob wir in der Mittelstürmer-Position europäische Spitze erreichen." Löw habe bei der Nominierung aber "alles richtig gemacht. Er hat sich mit der medizinischen Abteilung auseinandergesetzt und dann entschieden, was sehr schade für Reus ist". Zu den Favoriten zählt er Frankreich, Spanien, Italien, England und Portugal. "Für eine Überraschung sind immer die Kroaten gut. Und gestärkt durch den Sieg gegen Deutschland im Test und mit einer ausgezeichneten EM-Qualifikation im Rücken auch die Slowakei. Weitere interessante Mannschaften sind Polen, Belgien, Slowenien, Nordirland und Österreich. Auch sie können etwas reißen."

Mittelfeldspieler Jens Kirchen von Borussia Neunkirchen sagt zur deutschen Mannschaft nur einen Satz: "Ganz klar Europameister!"

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