Hausärzte blicken nach Schweden

Saarbrücken · Hoher Altersdurchschnitt und Nachwuchssorgen plagen die Allgemeinmediziner – nicht nur im Saarland. Wie man den Beruf attraktiv machen kann, erläuterte beim 30. Hausärztetag der Versorgungsforscher Andy Maun anhand des schwedischen Modells.

Es sind alarmierende Zahlen, die Andy Maun am Samstag beim 30. Saarländischen Hausärztetag genannt hat. Ein Drittel aller Hausärzte in Deutschland sind über 60 Jahre alt, nur 3,5 Prozent jünger als 40. Nur zehn Prozent der Fachärzte können sich vorstellen, später in einer Hausarztpraxis zu arbeiten. Der Freiburger Allgemeinmediziner und Versorgungsforscher vergleicht den Nachwuchsmangel mit der Klimakatastrophe: "Es ist vielleicht noch nicht so spürbar, aber wir haben vor uns ein großes Problem." Dabei sei der Hausarzt ein sehr interessanter und anspruchsvoller Beruf und sehr wichtig für das Gesundheitssystem. Hausärzte , erklärte Maun unter Verweis auf Studien, trügen mehr zur Senkung der Sterblichkeitsrate bei, sie glichen soziale Ungleichheiten aus und trügen zur Vermeidung von Krankenhausaufenthalten bei.

Was kann man tun, um den Beruf des Hausarztes wieder attraktiver zu machen? So lautet die zentrale Frage, die die knapp 100 saarländischen Hausärzte und Verbandsvertreter bei der Tagung im Saarbrücker Haus der Kassenärztlichen Vereinigung beschäftigte. Die stand unter dem Motto: Bleiben, gehen, zurückkommen. Maun war für einige Jahre nach Schweden gegangen und berichtete über die Vorteile des dortigen Systems für Hausärzte . Was sich deutsche Nachwuchsärzte wünschen, ist dort die Regel: Sie können als Angestellte arbeiten, mit geregelten Arbeitszeiten, meist in großen Teams, bei öffentlichen Trägern, aber auch in Praxen. Hausärzte sind zugleich auch für Kinderheilkunde , Gynäkologie, Hals-Nasen-Ohren, Augen zuständig. Spezialisierte Krankenschwestern nehmen ihnen Arbeit ab, indem sie selbst Patienten versorgen und Rezepte ausstellen. Allgemeinmediziner seien in Schweden außerdem die höchstbezahlten Fachärzte . Sie dürften forschen, und die Weiterbildung sei "pharmaindustriefrei" finanziert, was Maun auch für Deutschland für ratsam hält.

Michael Kulas, Vorsitzender des saarländischen Hausärzteverbands, verwies auf die neuen Versorgungsangestellten, kurz: Vera, die man im Saarland nun zur Unterstützung der Hausärzte ausbilde. Zusätzlich habe man das Pilotprojekt "Tele-Vera" zur Telemedizin in Pflegeheimen auf den Weg gebracht. Stephan Kolling (CDU ), Staatssekretär im saarländischen Gesundheitsministerium, sagte, man wolle die Zahl der Studienplätze in Medizin um zehn Prozent erhöhen und für Kandidaten reservieren, die sich verpflichten, nach dem Studium fünf Jahre im ländlichen Raum zu praktizieren. Außerdem müsse man überlegen, Plätze nicht nur nach dem Numerus clausus als einziges Kriterium vergeben. Auch eine Ausbildung als Rettungssanitäter oder auch ein freiwilliges Jahr müssten künftig mitzählen, auch um saarländischen Abiturienten eine Chance zu geben.

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