Hauptstadt der Detektive: 500 Sherlock-Holmes-Fans feiern Meisterdetektiv Sherlock Holmes in Saarbrücken

Saarbrücken · Bowler, Pfeifen, viktorianische Kleider: Drei Tage lang haben Fans bei der „SherloCon“, dem Treffen der Deutschen Sherlock-Homes-Gesellschaft, die Welt des berühmten Schnüfflers von 1895 zum Leben erweckt.

 Salonabend auf dem Theaterschiff Maria-Helena: In originalgetreuer Gewandung wurde das Jahr 1895 zum Leben erweckt. Foto: O. Dietze

Salonabend auf dem Theaterschiff Maria-Helena: In originalgetreuer Gewandung wurde das Jahr 1895 zum Leben erweckt. Foto: O. Dietze

Foto: O. Dietze

Zwei Frauen betreten den viktorianischen Tearoom in der Baker Street, ihre Tournürenkleider in Smaragdgrün und Grau rascheln auf dem Boden. Sie schlängeln sich an Männern mit Zylinder und Bowler vorbei, fächeln sich Luft zu. Die Dame in Smaragd greift in ihre Tasche. Und zieht ein Handy heraus.

"Mein lieber Watson: Wir befinden uns nicht im Jahr 1895, nicht in London, sondern in der Baker Street 8 in der Mainzer Straße, Saarbrücken ." Vielleicht hätte Sherlock Holmes seinen Freund so auf die "SherloCon" aufmerksam gemacht, die zum dritten Mal stattfand, zum zweiten Mal in Saarbrücken . Von Freitag bis Sonntag feierte die deutsche Sherlock-Holmes-Gesellschaft zusammen mit gut 500 Fans ihren Helden am Schloss, auf dem Theaterschiff Maria-Helena, im Filmhaus, in der VHS und der Baker Street.

Bei Zitate-Bingo, Filmvorführungen, Krimidinner, Vorträgen und Live-Hörspielen begegnete man auf der Bühne und im Zuschauerraum einigen Sherlocks, Watsons und Marys. Viele Besucher kamen aber auch einfach in Jeans und T-Shirt, wie das Paar aus Hannover, das zum ersten Mal im Saarland war. Sie sei "Sherlock-Hardcore-Fan", er "musste mit".

Nicole Glücklich aus Ottweiler, als Mitglied des Veranstaltungsteams im selbst genähten schwarzen Tournürenkleid, zeigte sich sehr zufrieden: "Wir hatten mehr Anmeldungen als in den Vorjahren und es kamen neue Veranstaltungen dazu: das Hörspiel des Hessischen Rundfunks, die Verleihung des ‚Blauen Karfunkels' und die Deutschlandpremiere des Films ‚Sherlock Holmes und die Primadonna'."

Die Faszination, die vom Meisterdetektiv ausgeht, ist anscheinend ungebrochen. Für Nicole Glücklich liegt das daran, dass das Thema Krimi generell viele Leute interessiere, und zudem viele auch das viktorianische Zeitalter anziehend fänden. Außerdem könne Sherlock Holmes ganz unterschiedlich interpretiert werden, was man auch an den zahlreichen Neuverfilmungen sehe.

Manche "Sherlockianer" mögen ihren Holmes ganz klassisch, für sie ist Jeremy Brett aus der Fernsehserie von 1984 bis 1994 die erste Wahl. Aber viele sind auch erst durch die BBC-Verfilmung mit Benedict Cumberbatch, dem Sherlock des 21. Jahrhunderts, zum Original gekommen.

Die SherloCon 2016 war Professor Moriarty, dem großen Gegenspieler von Sherlock Holmes , zum 125. Todestag gewidmet. Daher bekamen die Zuschauer, unter ihnen auch weibliche Sherlocks in Hemd und Bowler, am Freitagabend den "Fall Moriarty" auf dem Theaterschiff Maria-Helena von der Hörtheatrale Marburg zu sehen und hören.

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD ) betonte bei der Begrüßung am Samstagnachmittag den internationalen Charakter der Veranstaltung. Drei Tage ins viktorianische England eintauchen, dafür reisten die Fans aus ganz Deutschland, Frankreich, Schweiz, Österreich, sogar aus Dänemark an. Engländer waren keine da, dafür war das regnerische Wetter "very british".

Ein leicht morbider Hauch umwehte die Messe im VHS-Zentrum. Neben historischer Krimiliteratur fanden hier auch Postkarten mit Stethoskop- und Totenschädelmotiven als Gruß an die Lieben daheim ihren Weg in die reale Welt. Der KVB-Verlag und die bekannten Hörspielsprecher Christian Rode und Peter Groeger wurden mit dem "blauen Karfunkel" für die besten Sherlock-Holmes-Veröffentlichungen des letzten Jahres ausgezeichnet.

Aber zurück in die Zukunft: Hubert Zitt stellte in seinem Vortrag "Sherlock Holmes & Star Trek" den Fans in Aussicht, dass Holmes und Watson dank fortschreitender Technik bald dreidimensional erlebt werden könnten. Ein Sherlock aus München sagte danach: "Ich kann mit Science-Fiction nichts anfangen." Für die Sherlockianer ist es eben immer 1895.

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