Haftbefehl wegen Bestechung im Landesamt

Saarbrücken/Heusweiler · In 62 Fällen soll ein Mitarbeiter des Landesamtes für Zentrale Dienste von einem Unternehmer geschmiert worden sein. Seit Montag sitzt der Mann, der mehr als 200.000 Euro kassiert haben soll, in Untersuchungshaft.

 Ein Mitarbeiter des Landesamts für Zentrale Dienste in der Saarbrücker Virchowstraße soll mehrere Jahre lang von einem Unternehmen bestochen worden sein.Location:Saarbrücken

Ein Mitarbeiter des Landesamts für Zentrale Dienste in der Saarbrücker Virchowstraße soll mehrere Jahre lang von einem Unternehmen bestochen worden sein.Location:Saarbrücken

Foto: Becker&Bredel

Die Überraschung ist den Korruptionsermittlern des Landespolizeipräsidiums am Montagmorgen gelungen. Die Kriminalisten präsentierten dem 53 Jahre alten Regierungsangestellten S. in seiner Wohnung in Heusweiler einen Haftbefehl und durchsuchten anschließend sein Anwesen. Dabei wurde, wie es heißt, Beweismaterial sichergestellt. Auch am Arbeitsplatz des gelernten Betriebswirtes im Landesamt für Zentrale Dienste (LZD), das dem Finanzministerium unterstellt ist, tauchten die Ermittler auf, filzten sein Büro im Sachgebiet Grundstücks- und Gebäudemanagement sowie Liegenschaften des Landesamtes. Oberstaatsanwalt Christoph Rebmann, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, bestätigte die Verhaftung und die Durchsuchungen auf Anfrage unserer Zeitung. Auch die Wohnung der Ex-Frau in Saarbrücken wurde unter die Lupe genommen. Der 53-jährige Betriebswirt steht, so die Ermittler, die ihm seit Monaten auf der Spur sind, im dringenden Tatverdacht der Bestechlichkeit. Von einem Unternehmer, mit dem er über Jahre hinweg dienstlich "eine Vielzahl von Verträgen über Kehrreinigungen, Heckenschnitt, Mähen und Laubreinigung abgeschlossen hat" soll er als Gegenleistung Schmiergeld von weit über 200 000 Euro kassiert haben. Gegen den Geschäftsmann wird ebenfalls ermittelt.

Im richterlichen Durchsuchungsbeschluss ist, wie es heißt, von Bestechlichkeit in 62 besonders schweren Fällen zu lesen. Dabei müssen sich die Ermittler wegen strafrechtlicher Verjährungsfristen auf den Zeitraum von Januar 2011 bis November 2015 konzentrieren. Die Machenschaften sollen schon deutlich vor dieser Zeit begonnen haben.

Nach SZ-Informationen wird dem Regierungsbeschäftigten vorgeworfen, mit einem besonderen Trick gearbeitet zu haben, um Wettbewerber des Unternehmers auszubremsen. Er hat angeblich nach der Auftragsvergabe für die vermutlich niedrige Angebote vorgelegt wurden, saftige Preiserhöhungen akzeptiert. Die Differenz zwischen Angebot und überhöhter Rechnung habe er sich später von seinem Geschäftspartner auszahlen lassen.

Unklar ist, wieso die Machenschaften in dem Landesamt über Jahre hinweg nicht aufgeflogen sind. Das Finanzministerium verweigerte gestern mit Hinweis auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungen die Auskunft auf die Frage, ob in der Vergangenheit bei der Auftragsvergabe das Vier-Augen-Prinzip gewahrt wurde. Ministeriumssprecherin Stienke Kalbfuß teilte nur mit, dass die Kündigung des Beschuldigten und die Entziehung der Aufträge für das Unternehmen sowie Schadensersatzansprüche geprüft werden.

Der Regierungsangestellte, der in seinem Heimatort kommunalpolitisch für die SPD engagiert ist und sich nach eigenen Angaben besonders um die Haushaltskonsolidierung bemüht, sitzt seit Montagnachmittag in Untersuchungshaft.
Korruption in Amtsstuben - Ein Dauerphänomen


Unvermindert hohe Zahl von Bestechungsversuchen bei der Landesverwaltung

Es hat nicht immer Erfolg, aber es wird immer wieder versucht: Saarländische Behörden sind seit Jahren einer unveränderten Zahl von Bestechungsversuchen ausgesetzt. Die Landesregierung hält ihre Schutzmaßnahmen dennoch für ausreichend.


Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Saarbrücken. Saarländische Behörden sind offenbar kontinuierlich Korruptionsversuchen ausgesetzt. Das geht aus Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) und des Vertrauensanwaltes der Landesregierung zur Korruptionsbekämpfung hervor. Demnach ist zwar die Zahl der Strafverfahren wegen Korruptionsverdachts in den vergangenen zehn Jahren mit durchschnittlich jeweils 30 Fällen nicht signifikant gestiegen - aber eben auch nicht gesunken. Nahezu alle Fälle bezogen sich dabei auf Bestechungsversuche in der öffentlichen Verwaltung, erklärt Gerhard Prauß, Leiter des Dezernats Besondere Ermittlungen und Korruption beim LKA. Hier wiederum sei in aller Regel die so genannte bewilligende Verwaltung betroffen. Dies sind Behörden, die Genehmigungen und Bescheide erteilen.
In der Vergangenheit betrafen die Korruptionsversuche zumeist große Bauvorhaben. Nach der Affäre um den Landesbetrieb für Straßenbau (LfS), als bei Großprojekten wie dem Bau von Brücken überteuerte Rechnungen ausgestellt wurden, bestellte die Landesregierung 2004 einen Vertrauensanwalt zur Korruptionsbekämpfung. Seither melde sich "etwa jeden zweiten Monat ein neuer Hinweisgeber", erklärt der Vertrauensanwalt Matthias Zieres auf SZ-Anfrage. Auch er sagt: Die meisten Hinweise beträfen den Bereich der bewilligenden Verwaltung (Genehmigungen und Auftragsvergaben). Dabei halte sich "der Anteil von Hinweisgebern, die bei Behörden beschäftigt sind, und sonstigen Hinweisgebern - etwa solchen, die als Private oder als Mitarbeiter von Unternehmen mit Behörden in Kontakt stehen - in etwa die Waage". Allerdings sei bei über der Hälfte der Hinweise "kein dem Bereich Korruption zuzuordnender Sachverhalt oder ein sonstiger strafrechtlich relevanter Hintergrund ersichtlich", so Zieres. Auch beim LKA heißt es: Nicht bei allen eingeleiteten Ermittlungsverfahren bestätige sich der Verdacht.

Die Landesregierung ist der Ansicht, dass man ausreichende Maßnahmen ergriffen habe, um Korruptionsversuche bei Behörden zu unterbinden. Neben der Bestellung des Vertrauensanwaltes und der Installation des Dezernats zur Korruptionsbekämpfung beim LKA sei in jedem Ministerium ein Antikorruptionsbeauftragter ernannt worden, teilt das Innenministerium mit. Zudem regele eine Richtlinie unter anderem die Annahme von Belohnungen und Geschenken sowie die Rotation und Schulung von Mitarbeitern in der Landesverwaltung zum Schutz vor Korruption. Anfang vergangenen Jahres sei darüber hinaus eine Richtlinie zu Sponsoring in der Landesverwaltung in Kraft getreten. Demnach ist zulässiges Sponsoring ab 500 Euro aktenkundig zu machen. Sponsoringleistungen ab einem Wert von 3000 Euro sollen zudem alle zwei Jahre in einem Sponsoringbericht veröffentlicht werden. Hintergrund dieser Maßnahme dürfte eine einfache Faustregel sein: Sponsoren werden immer wichtiger, wenn die öffentliche Hand leer ist.

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