Hafenidyll lockt Kulturausflügler

Saarbrücken · Begeistert vom Ambiente sind die Besucher des Programms am neuen Anlegeplatz des Theaterschiffes Maria Helena im Saarbrücker Osthafen. Ohne Autobahn im Nacken lässt sich dort Kultur genießen.

 Strom & Wasser und The Refugees beim Auftritt auf der Wiese vor dem Anlegeplatz des Theaterschiffs Maria-Helena im Osthafen mit dem Rhenania-Gebäude im Hintergrund.Foto: Oliver Dietze

Strom & Wasser und The Refugees beim Auftritt auf der Wiese vor dem Anlegeplatz des Theaterschiffs Maria-Helena im Osthafen mit dem Rhenania-Gebäude im Hintergrund.Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Was braucht man, um ein wild-romantisches Stück Gebüsch in einen wild-romantischen Kulturort zu verwandeln? Ein paar Männer, die mit der Sense umgehen können, Wasser und Strom legen können, Frank Lion mit seinem Theaterschiff Maria-Helena und natürlich ein paar interessante Künstler.

Genau so ist es geschehen im Saarbrücker Osthafen. Ein einfach zauberhafter Ort, ein idealer abendlicher Treffpunkt für Saarbrücker Kulturausflügler ist dort seit dem Wochenende entstanden, wohin sich vorher höchstens Jogger und Hundehalter verirrten. "Einfach genial" findet auch die Saarbrückerin Andrea Ewen das Ambiente, als sie am Montagabend hier das Lagertour-Konzert der Band Strom & Wasser featuring The Refugees besucht. Gerade die Kombination aus altem Hafen und alten Industriegebäuden auf der einen und wuchernder Natur auf der anderen Seite mache den außergewöhnlichen Reiz des Fleckchens aus, schwärmt sie. Und nicht nur sie allein. Rund 100 Besucher jeden Alters sitzen auf Bierbänken um einen riesigen Walnussbaum, unter dem Liedermacher Heinz Ratz mit seiner dreiköpfigen Stamm-Band Gastmusiker aus aller Herren Länder vorstellt, die er in deutschen Flüchtlingslagern entdeckte. Es sind Talente wie der rasante Rapper Hossein aus Afghanistan oder der mitreißende Reggaesänger Revelino aus Côte d'Ivoire, die dort unter teilweise harten Bedingungen (Ratz: "eine Toilette für 30 Leute") per Asylgesetz zum Nichtstun verdammt sind.

Singen und barfuß tanzen

Kaum vorstellen mag man sich das an einem idyllischen Ort wie diesem, wo die Sonne aus Richtung Staden kurz vorm Untergehen noch mal wie ein Scheinwerfer auf die Konzertzuschauer strahlt. Wo es einige nicht mehr auf den Plätzen hält, als Djamila und Hossein gemeinsam singen und die ersten Frauen anfangen auf der Wiese barfuß zu tanzen. Und wo einen höchsten ein paar Mücken plagen.

Etwas erschöpft, aber lächelnd sitzt Frank Lion neben der Biertheke und gönnt sich eine Frikadelle. Noch ein paar mehr Zuschauer hätte sich der Hausherr ja für dieses außergewöhnlich Konzert schon gewünscht. Vielleicht muss es sich erst noch herumsprechen, dass hinterm Rhenania-Gebäude und Silo gleich um die Ecke jetzt eine andere Welt beginnt. Beim Auftakt-Konzert am Sonntag mit dem Saarbrücker Salonensemble nebst Kaffee und Kuchen seien immerhin 60 Leute gekommen. "Alle waren begeistert", erzählt Lion. "Bei diesem schönen Wetter machen wir die Veranstaltungen natürlich nicht im Schiff, sondern draußen auf der Wiese", ergänzt er. So manchen reizt es aber, zumindest in der Pause mal lässig mit einem Glas Roten auf dem Oberdeck zu stehen. Herrlich still ist es. "Ja, hier hat man mal keine Autobahn im Nacken", erklärt Kapitän Lion. Bis zum 30. Juni liegt er hier noch mit der Maria-Helena vor Anker.

Termine: heute, 20. Juni, 20 Uhr, Theater: "Odys Romeo und Giulia" mit der TheaterCompagnie Lion. Freitag, 21. Juni, 20 Uhr, Konzert mit The Windwalkers. Sonntag, 23. Juni, 15 Uhr, Piraten-Kinderfest mit Theater.

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