Gutachter: Flutung der Gruben war rechtswidrig

Saarbrücken · Die grüne Landtagsfraktion hat einen Juristen aufgeboten, der die Teilflutung des Bergwerks Saar in der Primsmulde für rechtswidrig hält. Die Landesregierung bestreitet den angeblichen Rechtsbruch.

. Dirk Teßmer von der Frankfurter Kanzlei Philipp-Gerlach & Teßmer hat schnell gearbeitet. Binnen sechs Wochen erstellte der Rechtsanwalt, der nach eigenen Angaben Experte im Bergrecht ist, ein 37-seitiges Gutachten für die Landtagsfraktion der Grünen, das die Rechtswidrigkeit der Genehmigung der Grubenflutung im Bergwerk Saar Anfang 2013 durch das Bergamt Saarbrücken belegen soll. "Was hier geschehen ist, ist leider im Bergrecht gar nicht so untypisch. Dass Verfahren gewählt wurden, die für den Bergbauunternehmer unkomplizierter sind und ihm Bescheide verschaffen, um seine Tätigkeit durchführen zu können", sagte Teßmer gestern bei der Vorstellung seines Gutachtens vor Journalisten im Landtag.

Dabei gebe es den Bergbaufirmen, im Saarland der RAG, darum, die Beteiligung von Vertretern öffentlicher Belange und die Abschätzung umweltrechtlicher Aspekt zu vermeiden. Der Sonderbetriebsplan, mit dem die RAG seit 2013 mit Genehmigung des Bergamtes Saarbrücken und des Wirtschaftsministeriums die Pumpen abstellte, sei "ein Instrumentarium des Abbaus", aber nicht für den Abschluss des Bergbaus gedacht, sagte Teßmer.

Der Kohleabbau im Saarland wurde im Juni 2012 beendet. Das Bergrecht sehe in diesem Fall zwingend einen Abschlussbetriebsplan vor, der wesentlich umfangreichere Abschätzungen der Gefahren einer Flutung des ehemaligen Bergwerks vorschreibt. Zwingend vorgeschrieben sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Da bestehe auch Einigkeit mit der CDU/SPD-Landesregierung, die dieses UVP-Verfahren jetzt ja gestartet habe. "Doch es kommt zu spät", bemängelte der Gutachter.

Die wasserrechtliche Erlaubnis habe ebenfalls nicht vorgelegen. Ob diese erteilt worden wäre, sei höchst fraglich, wegen der Giftstoffe, die noch unter Tage lagerten. "Sofern in der Vergangenheit die Einstellung der Wasserhaltung und die Flutung von Schachtanlagen per Sonderbetriebsplanzulassung genehmigt wurde, ist dies bereits aus bergrechtlicher Sicht als rechtswidrig zu beurteilen," erklärte Teßmer.

Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich sagte, dass er das Gutachten in den Landtags-Untersuchungsausschuss Grubenflutung einbringen wolle. "Wir können als Fraktion nicht vor dem Verwaltungsgericht klagen, weil das nur betroffene Kommunen oder Umweltverbände können", sagte Ulrich. Der Saar-Grünen-Chef, der auch Stadtratsmitglied in Saarlouis ist, berichtete, dass der dortige Rat bereits einen Beschluss gefasst habe, die Teilflutungen zu stoppen. Er sei überzeugt, dass der Stadtrat auch eine Klage gegen die Grubenflutungen auf den Weg bringen wird.

Der Nalbacher Bürgermeister Peter Lehnert hatte Anfang April Widerspruch beim Bergamt eingelegt. Daraufhin ordnete das Bergamt an, dass die RAG die Pumpen anstellen muss. Lehnert hofft auf einen Sammelklage mehrerer Kommunen.

Der Sprecher von Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD ), Wolfgang Kerkhoff, sagte der SZ: Die Zulassung der Teilflutung 2013 sei "völlig korrekt" gewesen. "Ziel war es, das Wasser in den ehemaligen Abbaufeldern Primsmulde und Dilsburg ansteigen zu lassen, damit man diese möglichst schnell explosionssicher verschließen kann", erklärte Kerkhoff. Sinnvoll sei das auch deshalb gewesen, weil durch das ansteigende Wasser die Gefahr von Erderschütterungen zeitlich eingegrenzt werden könne. "Ohne Teilflutung hätte das Risiko 80 Jahre bestanden, mit Teilflutung nur acht", betonte Kerkhoff. Das Zulassungsverfahren sei im Ministerium erörtert worden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort