Großvaters musikalischer Enkel
Saarbrücken · Seit 25 Jahren spielt der Klezmer-Klarinettist Helmut Eisel mit seiner Gruppe Jem. Am Sonntag ist Jubiläumskonzert. Anlass für uns, Helmut Eisel und seinem ganz besondern Ton nachzuspüren.
Sie wimmert und lacht, nörgelt und kreischt, die Klarinette von Helmut Eisel. Diabolisches Gekecker oder freundliches Geplauder, eine Stimme, der menschlichen nicht unähnlich, beeindruckend in Tonumfang und Lautstärke und dabei handlich, ein Instrument zum Mitnehmen. Was auch immer man wahrnehmen mag, wenn man sich ganz auf Raum und Zeit und vor allem Stille einlässt - Helmut Eisel ist Musiker, und er nimmt Musik wahr. Klang, einen Ton, und wenn er diese "vorhandene" Musik für alle hörbar macht, wird er zum Klezmer, ganz im Sinne der aramäischen Wortbedeutung, zum Gefäß für das Lied.
Helmut Eisel folgt hier dem meditativen Ansatz des jüdischen Klarinettisten und Klezmermusikers Giora Feidman , mit dem er seit 25 Jahren immer wieder zusammenarbeitet. Mit "Klezmer" ist heute meist gemeint, was früher jiddische Musik hieß, die Volksmusik der osteuropäischen Juden. Eisel und Feidman machten diese Musik in Deutschland populär, für den Saarbrücker heißt Klezmer weiter zu gehen, "dem" Lied nachzuspüren, das auch jazzig oder klassisch oder swingend daherkommen kann.
Eisel sagt, er bewege sich stilistisch im Grunde auch heute zwischen dem, was er damals auf den wenigen Schallplatten im Schrank des Großvaters vorfand: den ihn stark prägenden Klarinettisten Sidney Bechet, Wagners Tannhäuser und Glenn Miller . Sidney Bechet, ein Erzähler ohne Worte, ein Wegbereiter von Eisels "Talking Clarinet".
Eisel kann auch mit Worten, er kommuniziert glaubwürdig und persönlich. In der Kommunikation ohne Worte, nur durch Musik, gibt es für ihn zwei Stimmen - die vernehmliche, die durch Präsenz, was schlicht Lautstärke heißen kann, von allen gehört wird, und die, die er die "mentale Stimme" nennt. Die kommt zum Einsatz, wenn "flüsternd" musiziert wird, und der Adressat dennoch erreicht werden soll. Hier passiert für ihn einfach mehr, als "wenn ich sage, ich hab' da was geübt, und das spiel' ich jetzt vor." Es ist der Musiker als Medium, der, der Schwingung aufnimmt und abgibt.
Raum und Zeit kann Eisel noch auf ganz andere Weise ausloten, er ist studierter Mathematiker. Zur Klarinette kam er in Altenkessel durch den Großvater, der in einer Bergwerkskapelle spielte. 1903 geboren, hatte der zwei Weltkriege erlebt, und seine Klarinette hätte manches erzählen können. Stumpf oder stumm war er nicht geworden, ein Vermächtnis, das Eisel heute in Kinderkonzerten wie "Naftule", verschiedenen "Bands" wie der Gruppe Jem, Workshops mit internationalen Teilnehmern, neuen Projekten, wie der experimentierenden Hommage an Frank Sinatra und dem Buch "Talking Clarinet" weiterträgt.
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Auf einen BlickGeburtstagskonzert: Das renommierte Saarbrücker Klezmer- und Swing-Trio Helmut Eisel & Jem feiert sein 25-jähriges Bestehen mit einem Konzert der besonderen Art. "Das garantiert einmalige Geburtstagswunschkonzert" findet am Sonntag, 5. Oktober, 19.30 Uhr, in der Bel Etage der Spielbanken Saarbrücken statt. helmut-eisel.de