Großmutter lässt Sechsjährige in Thailand

Saarbrücken · Ein sechsjähriges Mädchen aus Saarbrücken sitzt in einem thailändischen Kinderheim und wartet auf die Hilfe ihre Mutter. Die will sie mit Unterstützung von Behörden und Hilfsorganisationen nach Hause holen. Ein schwieriges Unterfangen.

Es ist wohl die Horrorvorstellung für Eltern: Das eigene Kind tausende Kilometer entfernt in einem Kinderheim, ohne, dass man was tun kann. Einer Mutter in Saarbrücken ist das jetzt passiert: Ihre sechs Jahre alte Tochter wurde von der eigenen Großmutter in einem thailändischen Kinderheim abgegeben. Saarbrücker Hilfsdienste und Behörden versuchen gerade, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Kind zur Mutter nach Saarbrücken zurückzuholen.

Der Fall ist rechtlich schwierig, die familiären Verhältnisse zerrüttet. Eine in Thailand geborene Saarbrückerin hat aus gesundheitlichen Gründen für eine Zeit lang das Sorgerecht für ihr sechsjähriges Mädchen an ihre Mutter übertragen. Als sie das Sorgerecht zurückfordert, reist die ebenfalls in Saarbrücken lebende Großmutter kurz vor dem offiziellen Gerichtstermin mit dem Kind nach Thailand.

Dort sei die Großmutter dann nicht mehr erreichbar gewesen, sagt die Mutter. Kontaktaufnahmen habe die Oma jedes Mal abgebrochen. Nun ist die Großmutter seit Anfang August wieder in Deutschland. Ohne das Kind. Das hat sie kurz vor ihrer Heimreise in einem Kinderheim nahe der thailändischen Hauptstadt Bangkok zurückgelassen.
Die Großmutter schweigt

Über die Beweggründe schweigt sich die Großmutter aus, heißt es bei der Polizei . Joachim Alt von der Kriminalpolizei kann zum laufenden Verfahren nur wenig sagen, bestätigt lediglich, dass gegen die Großmutter wegen Kindesentzugs ermittelt werde. Problematisch für die Justiz: Zum Zeitpunkt der Abreise nach Thailand hatte die Großmutter rechtmäßig das Sorgerecht für das Kind.

Mit der Rückführung des Kindes habe die Polizei nichts zu tun, das sei der Zuständigkeitsbereich anderer Behörden, sagt Joachim Alt. Das werde über das sogenannte "Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung" laufen.

Pia Braul vom Migrationsdienst der Saarbrücker Caritas hilft der Mutter des Kindes. Sie schaut nach günstigen Flügen, organisiert die Finanzierung, Behördengänge und erforderliche Dokumente. Man habe zusammen mit dem Diakonischen Werk an der Saar 2000 Euro aufgebracht, um der Mutter die Rückholaktion zu finanzieren, sagt Pia Braul. Der einfachste Weg sei, dass die Mutter nach Thailand fliege und das Kind aus dem Kinderheim holt. Da der Pass des Kindes jedoch verschollen ist, müsse nun noch die deutsche Botschaft vor Ort eingeschaltet werden. Die Mutter des Kindes befürchtet allerdings, dass das Geld für die Reise nicht ausreicht. "In Thailand geht das nicht so einfach. Vielleicht brauche ich dort einen Anwalt. Außerdem ist die Korruption groß", sagt die Mutter, die von Hartz IV lebt.
Kranke Seele

Sie habe vergangene Woche fünf Minuten mit der Tochter telefonieren können. Körperlich gehe es dem Kind gut, aber seelisch nehme es die Situation sehr mit. Am Freitag, 22. August, treffen sich die Vertreter von Caritas , Diakonie und Behörden mit der Mutter zu einem sogenannten Runden Tisch. Das Ziel: die kleine Saarbrückerin so schnell wie möglich nach Hause zu holen.

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