Grippewelle im Saarland auf dem Zenit

Saarbrücken · Eine besonders schwere Grippewelle hat diesen Winter das Saarland erfasst. Doch auch wenn das Ende in Sicht ist, bleibt Vorsicht geboten.

 Die Wartezimmer sind wegen der Grippewelle derzeit überfüllt. Foto: Pleul/dpa

Die Wartezimmer sind wegen der Grippewelle derzeit überfüllt. Foto: Pleul/dpa

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Halbvolle Klassensäle, fehlende Lehrer, verwaiste Bürostühle und freie Plätze in der Kantine. Stattdessen volle Wartezimmer beim Hausarzt, Schlangen in den Apotheken, rote Nasen und Husten. Die Grippewelle hat nicht nur das Saarland dieses Jahr ganz schön erwischt.

Genaue Zahlen könne man derzeit nur schätzen, hieß es vom Robert Koch Institut (RKI) in Berlin. Allerdings habe man es diesen Winter in Deutschland mit einer besonders schweren Grippewelle zu tun. Während die Zahl der Praxisbesuche aufgrund der Influenza, so der Fachausdruck für Grippe, bundesweit etwa doppelt so hoch sei wie in einem Vergleichsmonat ohne Grippewelle, sei sie im Saarland und in Rheinland-Pfalz momentan sogar dreifach erhöht. "Und damit wesentlich höher als in den beiden Vorjahren", sagt RKI-Pressesprecherin Susanne Glasmacher der SZ.

Allein im Regionalverband Saarbrücken sei die Zahl der gemeldeten Influenza-Fälle seit Jahresbeginn im Vergleich zum Vorjahr von 16 auf 100 Fälle gestiegen, sagt Sprecher Lars Weber. Dabei liege die Dunkelziffer beträchtlich höher, da viele Erkrankte nicht zum Arzt gingen und stattdessen ihre Grippe im Bett auskurierten.

In der Praxis von Hausarzt Dr. Karl Michael Müller in Quierschied bestätigt sich dieser Eindruck. "Wir haben in den letzten Wochen außerordentlich viel zu tun - wesentlich mehr als bei den vergangenen Grippewellen." Als Hauptgrund für die besonders weite Verbreitung der Grippe im Saarland sieht er die mangelnde Hygiene der Bevölkerung. Speziell in Schulen und Kindergärten verbreite sich der Virus schnell. "Die Kinder tragen die Krankheit dann mit nach Hause und stecken die ganze Familie damit an." Die Symptome seien Fieber, Gliederschmerzen, laufende Nase und in manchen Fällen trockener Husten, sagt Internistin Dr. Sarah Leyking aus St. Ingbert.

Doch nicht nur viele Schüler bleiben krank im Bett. "Bei uns fallen täglich vier bis fünf Lehrer aus", sagt Schulleiter Peter Jochum vom Gymnasium Marienschule in Saarbrücken. Zwar versuche man, gerade in der Unterstufe keinen Unterricht ausfallen zu lassen, in der Mittelstufe bliebe aber oft keine andere Wahl. "Wir haben uns von den Eltern unterschreiben lassen, dass an manchen Tagen die erste oder letzte Stunde aufgrund von erkrankten Lehrkräften ausfallen darf", sagt Jochum. Dafür sind die Apotheken in der Saarbrücker Innenstadt gut besucht. "Seit Anfang Januar haben wir wesentlich mehr Kunden. Die meisten wegen Grippe", sagt Amar Eltayeb von der Stengel-Apotheke.

Dass der Virus dieses Jahr so besonders hartnäckig ist, liegt laut Hausarzt Müller an einer Genveränderung. Das sei auch der Grund, warum der Impfstoff nur teilweise wirke. Dennoch hält er eine Impfung weiterhin für sinnvoll. "Gerade für ältere Leute kann eine Grippe sonst lebensbedrohlich werden."

Auch beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) macht sich die Lage bemerkbar. Nicht nur Mitarbeiter fehlten krankheitsbedingt, auch die Blutspenden gingen spürbar zurück, da Erkrankte nicht spenden dürfen. "Wir bemerken einen deutlichen Rückgang. In der Spitze bis zu 16 Prozent weniger Spenden", sagt Daniel Beiser, stellvertretender Leiter Öffentlichkeitsarbeit des DRK Rheinland-Pfalz und Saarland. Noch sei die Situation beherrschbar, aber steige die Ausfallquote auf über 20 Prozent, könne es zu Engpässen kommen. "Gerade um Fasching herum kommen wegen des Alkoholkonsums weniger Menschen zur Blutspende - dazu die Grippewelle", sagt Beiser. Daher bemühe man sich jetzt verstärkt um Spender. "Momentan rufen wir potenzielle Spender auch persönlich an, um die Rückgänge einzudämmen."

Zwar schätzen Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung die aktuelle Infektionslage immer noch als sehr hoch ein. Dennoch sei Ende Februar der Höhepunkt der Grippewelle für diesen Winter erreicht. Diese Einschätzung bestätigt Leyking, warnt aber: "Auch wenn ein Ende der Grippewelle in Sichtweite ist, bleibt weiterhin Vorsicht geboten."

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