Gillo: Es gibt zu wenige Wohnungen für arme Menschen

Regionalverband · Das Finanzministerium hatte erklärt: „Aktuell gibt es im Saarland keine grundsätzliche Unterversorgung mit Wohnraum.“ Regionalverbandsdirektor Peter Gillo sieht das anders. In seinem Zuständigkeitsbereich lebt rund ein Drittel aller Saarländer.

In Saarbrücken und Umgebung gibt es zu wenige Wohnungen für arme Leute - sagt Regionalverbandsdirektor Peter Gillo. Damit widerspricht er dem saarländischen Finanzministerium, das am Dienstag versichert hatte: "Aktuell gibt es im Saarland keine grundsätzliche Unterversorgung mit Wohnraum." Gillo sieht das ganz anders. Im Regionalverband (RGV) lebt rund ein Drittel aller Saarländer. Darunter ist auch die Hälfte der saarländischen Hartz-IV-Empfänger: etwa 28 000 Erwachsene und 10 000 Minderjährige. 70 Prozent der Hartz-IV-Empfänger des RGV sind Saarbrücker. Und Gillo versichert: "Besonders im Großraum Saarbrücken ist es für einkommensschwache Haushalte sehr schwierig, eine bezahlbare und zumutbare Wohnung zu bekommen."

Dabei beruft sich Gillo auf sein Sozialamt: "Dort führen wir einen Wohnungspool für Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Und dabei stellen wir gerade für Saarbrücken fest, dass es praktisch unmöglich ist, kleinere Wohnungen zu bekommen, deren Mieten den Vorgaben für Wohngeldzuschüsse oder Hartz-IV-Emfpänger entsprechen. Ganz schlimm ist es bei Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen. Was da angeboten wird, ist zum Teil dringend sanierungsbedürftig und den Menschen nicht zuzumuten."

Laut Gesetz darf die Wohnung eines Zwei-Personen-Haushaltes, der von Hartz IV lebt, maximal 60 Quadratmeter groß sein und kalt höchstens 285 Euro Miete kosten. Bei einem Drei-Personen-Haushalt - zwei Erwachsene mit Kind - sind es 75 Quadratmeter und 356,25 Euro. Mehr darf das Jobcenter - eine gemeinsame Einrichtung von RGV und Agentur für Arbeit - eigentlich nicht bezahlen. Von der Miete übernehmen der RGV und damit seine Kommunen rund 85 Prozent.

Die Erfahrungen des RGV-Sozialamtes, so betont Peter Gillo, belegten, dass sich "die Lage von Jahr zu Jahr verschärft". Im Raum Saarbrücken müssten dringend weitere Sozialwohnungen gebaut und alte wieder bewohnbar gemacht werden. Und das Land müsse "die Fördergelder des Bundes zielgerichteter einsetzen".

Das Finanzministerium hatte bereits am Dienstag eingeräumt, "dass die Wohnungen insbesondere im RGV überaltert und modernisierungsbedürftig sind". Auf SZ-Anfrage stellte das Ministerium aber auch klar: "Wir können den Neubau von Sozialwohnungen nur fördern, wenn Anträge vorliegen. Seit 2009 sind weder Anträge von Privaten noch von Siedlungsgesellschaften wie der Saarbrücker gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (SGS) eingegangen."

Die SGS ist der größte Vermieter des Landes. Sie hatte 2011 noch rund 860 Gebäude mit 6751 Wohnungen - und knapp 12 000 Mietern. Obwohl nur etwa ein Drittel der Wohnungen saniert war - also dem aktuellen Standard entsprach. 2012 standen 749 SGS-Wohnungen leer, Dreiviertel davon wegen Sanierungsbedarf. Die SGS ist eine Tochter der Stadt. Sie soll zeitgemäßen Wohnraum zu moderaten Preisen anbieten und - laut Beteiligungsbericht der Stadt - "ausreichende Rücklagen" bilden.

Der Aufsichtsrat der SGS besteht aus Stadträten. Ende der 90er Jahre musste die SGS etliche - überwiegend vermietete - Wohnungen verkaufen, um sich Geld zum Sanieren anderer Wohnungen zu verschaffen. Zuletzt sorgte die SGS Ende Juni für Diskussionen. Da wollte sie Geld aus dem Bund-Länder-Förderprogramm "Stadtumbau West", um ihre beiden größten Blocks auf der Folsterhöhe zu sanieren.

Das Geld für "Stadtumbau West" wird im Innenministerium verwaltet - ist also nicht zu verwechseln mit dem Geld aus dem jetzt so heiß diskutierten Wohnraumförderprogramm, bei dem das Finanzministerium Regie führt.

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