Gefahr, aus der stillen eine tote Kunst zu machen
Saarbrücken. "Pantomime und Poesie" heißt das neue Programm des Pantomimen Jomi, mit bürgerlichem Namen Joseph Michael Kreutzer
Saarbrücken. "Pantomime und Poesie" heißt das neue Programm des Pantomimen Jomi, mit bürgerlichem Namen Joseph Michael Kreutzer. Dabei nimmt der Schüler Marcel Marceaus seine Zuschauer mit auf Litera-Tour und interpretiert Goethes "Faust", Assisis "Sonnengesang" und Shakespeares "Romeo und Julia"; ebenso die Sage von Orpheus und Eurydike und eine Episode um den mörderischen Juwelier Cardillac aus E.T.A. Hoffmanns "Fräulein von Scuderi". Am Samstag war Premiere im gut besuchten großen Saal der Hochschule für Musik (HfM) Saar - leider ein enttäuschender und langatmiger Abend. Da half's auch nicht, dass zwei HfM-Studenten (Lorenz Blaumer, Violine; Lucian Moreno, Cello) die Inszenierung musikalisch umrahmten. Vielleicht liegt's an den literarischen Sujets? Wo erzählerische Verdichtung gefragt wäre, walzt Jomi breit aus; wo sich das Pathos brechen ließe, zelebriert er es. Traurig auch, dass der renommierte Künstler hier jegliches Gespür für Witz, Tempo und Timing vermissen lässt: Sein "Faust" etwa zerdehnt sich ins Unerträgliche, was nicht nur am ausgestellten Leid Gretchens liegt. Sein "Orpheus" gerät trotz Schattenspiels schlicht hanebüchen und naiv. Auch die Methode (teils mit überflüssigen Requisiten zur Personenkennzeichnung), ganze Szenen doppelt zu schildern - erst aus der Sicht des einen, dann des anderen Protagonisten - statt mit flinkem Rollenwechsel das Geschehen in Fluss zu halten, ist langwierig und überholt. Insgesamt wäre Jomi gut beraten, einen Regisseur hinzuzuziehen. Wenig Entwicklung leider auch im körpersprachlichen Repertoire: Zwar zeugt Jomis Präzision nach wie vor von handwerklicher Meisterschaft, doch sind seine Bewegungen, Haltungen, Gesten seit Jahren so unverändert, dass sie Gefahr laufen, im Klischee zu erstarren. Bei allem Respekt für Tradition: Diesen Stillstand mit anzusehen tut weh. Junges Publikum lässt sich so nicht erobern; der gehobene Altersdurchschnitt der Premierenbesucher spricht Bände. Schade: Mit seinem neuen Programm setzt Jomi der Pantomime ein sich in falscher Andacht selbst bespiegelndes Denkmal. Damit riskiert er, aus der ohnehin schwer vermittelbaren stillen eine tote Kunst zu machen. www.pantomime-jomi.de