G 9-Initiative stößt auf Ablehnung

Saarbrücken · 13 Jahre nach der Einführung des Abiturs am Ende von acht Jahren Gymnasium (G 8) zurück in den alten Modus G 9? Diesen radikalen Schritt wollen Landtagsfraktionen und Bildungs-Experten nicht wagen.

Der Streit um die Ausbildungsdauer an Gymnasien im Saarland ist gestern erneut entbrannt. Die Volksinitiative "G 9-jetzt" will demnächst eine Unterschriftensammlung starten und das "Turbo-Abitur" in acht Jahren G 8 im Landtag zur Disposition stellen. Hierfür sind 5000 Unterschriften notwendig. Ist ein anschließendes Volksbegehren (zirka 56 000 erforderliche Unterschriften) erfolgreich, muss der Landtag über die Wiedereinführung von G 9 an Gymnasien entscheiden (die SZ berichtete). Nur die Piratenfraktion will die Initiative dabei "zu 100 Prozent" unterstützen. Piratin Jasmin Maurer sagte, dass die Nachteile von G 8 die Vorteile überwögen. "Wichtig ist, dass der Eltern- und Schülerwille zählt. Denn das sind letztendlich die Leidtragenden vom vermurksten G 8."

Sanften Rückenwind bekommt die Volksinitiative auch von der Linken-Fraktion, die die "überstürzte Einführung" von G 8 stets abgelehnt habe, sagte die bildungspolitische Sprecherin Barbara Spaniol . "Wenn nun Saarländerinnen und Saarländer dagegen aufbegehren, sollte die Landesregierung diesen Protest ernst nehmen." Spaniol sprach jedoch nicht vom Abschaffen des Abiturs in acht Jahren, sondern befürwortete lediglich die Wahlmöglichkeit zwischen G 8 und G 9 für Gymnasien , wie es bereits durch die Gemeinschaftsschulen im Saarland möglich ist. Da es den Weg zum Abitur in neun Jahren im Saarland eben in den Gemeinschaftsschulen schon gibt, sieht die CDU-Landtagsfraktion "nicht die Notwendigkeit einer Veränderung", sagte die Abgeordnete Gisela Rink . "Wir wollen keine weitere Strukturdebatte." Auch die Arbeitskammer warnte vor einer "Rolle rückwärts", die genauso übereilt wäre wie die Einführung von G 8 vor 13 Jahren.

Die SPD-Fraktion , die ebenso eine Strukturdebatte ablehne, setze sich stattdessen "für Verbesserungen im bestehenden System ein", teilte Sprecher Matthias Jöran Berntsen mit. "Dabei wissen wir Landeselternvertretung, Landeselterninitiative für Bildung und Arbeitskammer des Saarlandes an unserer Seite, die einer Rückkehr zu G 9 ebenfalls kritisch gegenüber stehen." Schüler individuell zu fördern, ist dabei ein Weg, den der SPD-nahe Verein Landeselterninitiative nennt. Dieser sperrt sich jedoch nicht komplett gegen G 9: Gymnasien könnten mit der Oberstufe an Gemeinschaftsschulen kooperieren und eine flexible Zeit bis zum Abitur anbieten, so Vereinssprecher Bernhard Strube.

Die Grünen im Landtag teilten mit, sie nähmen die Sorgen der Eltern ernst, hielten jedoch die erneute Diskussion für "ein Ergebnis der verfehlten Bildungspolitik der Landesregierung", erklärte der bildungspolitische Sprecher Klaus Kessler . "Sollten die Saarländerinnen und Saarländer massiv gegen das achtjährige Gymnasium protestieren, muss die Landesregierung diese Regelung ernsthaft überdenken." Die Grünen kritisierten besonders die "Verweigerungshaltung" von Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD ), für den die Diskussion abgeschlossen ist (die SZ berichtete). Sie fordern, den Ausbau der Gemeinschaftsschulen voranzutreiben sowie die bisher noch geheimen Oberstufenstandorte der Gemeinschaftsschulen zu nennen.

Für eine grundlegende Reform des gymnasialen Bildungssystems setzte sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Saarland ein. Die GEW schlug vor, die Sekundarstufe wieder auf sechs Jahre zu erhöhen statt fünf wie im G 8. "Das kann die Belastungen deutlich verringern und die Gleichwertigkeit der Schulformen befördern", erläuterte GEW-Chef Peter Balnis. "Darauf kann dann eine flexible Oberstufe aufbauen, die in unterschiedlicher Dauer zur Hochschulreife führt. Das kann eine zweijährige Oberstufe an einem Gymnasium, eine dreijährige Oberstufe an Gemeinschaftsschulen oder Gymnasien oder aber ein Weg über die berufliche Bildung sein."

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