Für Kolumbianer ist Krieg schon Normalität

Saarbrücken · Kolumbien stand dieser Tage Pate für das Friedens- und Toleranzfestival am Saarbrücker Saarufer, ein Land, in dem schon seit 60 Jahren ein schwerer Konflikt zwischen Guerilleros und der Regierung besteht. Ein baldiges Referendum soll Frieden bringen, die Hoffnung darauf aber ist klein.

 Bei Sonnenschein, einem Büfett und der Musik des Duos Lobo Guerrero und Gloria Castillo kamen sich die Teilnehmer näher. Foto: Burkhardt

Bei Sonnenschein, einem Büfett und der Musik des Duos Lobo Guerrero und Gloria Castillo kamen sich die Teilnehmer näher. Foto: Burkhardt

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"I also want peace", das steht auf dem Zettel, den Alejandra Barrero in der Hand hält. Mit ihrem Verein Dreamcorner und dem Syrer Atef Alamir hat die Kolumbianerin das vierte Saarkolumbianische Friedens- und Toleranzfestival organisiert und die Frage gestellt, warum Krieg keine Lösung ist. "Für uns in Kolumbien ist Krieg ein normaler Zustand, deswegen existieren Menschen, die gegen den Friedensprozess sind, weil sie denken dass im Krieg zu leben normal ist. Es ist traurig mitzubekommen, dass Leute existieren, die gegen Frieden und Toleranz sind", erzählt die Organisatorin. Alejandra macht gerade einen Deutschkurs in Saarbrücken , um danach einen Master zu machen. In ihrem Verein engagiert sie sich für die Vernetzung von Vereinen und Helfern, die sich für Toleranz und Frieden einsetzen wollen. Auch durch die Unterstützung des Big Island Chefs, der selbst einen Migrationshintergrund hat, wurde die Vielfalt und Toleranz zusätzlich gezeigt.

Dieses Jahr treffen sich Menschen unterschiedlicher Kulturen, Länder und Sprachen auf dem Sandstrand des Big Island an der Saar aus einem besonderen Grund: In Kolumbien herrscht seit 60 Jahren Bürgerkrieg zwischen der Regierung und der linksgerichteten Guerillabewegung FARC. Seit 1964 führt sie einen bewaffneten Kampf gegen den Staat. Nun wird über ein Referendum für den Frieden abgestimmt. Die Antwort scheint für die Deutschen Bürger naheliegend, in Kolumbien wird es leider keine eindeutige Entscheidung geben. Der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze stellt zu Beginn einen Vergleich auf, in dem die Problematik bewusst wird: "In Deutschland gibt es immer weniger Menschen, die Krieg erlebt haben. Die meisten sind schon gestorben. In Kolumbien gibt es hingegen wenig Menschen, die je in Frieden gelebt haben. Drei Generationen sind es nun, die nur in Krieg gelebt haben und keine andere Situation kennen."

Auch der Kolumbianer Camilo Barrero will fernab seiner Heimat diese Problematik aufzeigen. Dazu sammelt er für eine Minidokumentation der jungen Firma Bizzcam Statements, die er in Kolumbien verbreiten möchte, als "Stimmen für den Frieden aus Deutschland". Um mehr Aufmerksamkeit in Kolumbien zu erlangen, wurde die Reggaeband Alerta Kamerada aus Kolumbien eingeladen, die gerade auf ihrer Europatour auf die Missstände in Kolumbien aufmerksam machen. Die Band musste kurzfristig absagen, wird das Projekt aber mit einem Videobeitrag unterstützen. Stattdessen sorgte das Flamencoduo Lobo Guerrero und Gloria Castillo für Stimmung.

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