Frost sprengt den FinanzausgleichMillionenschwere Differenz

Regionalverband. Wieder schlägt Väterchen Frost unbarmherzig tiefe Löcher in die Straßen der Landeshauptstadt. Und wieder fragen sich nicht nur Karnevalisten: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Die Stadt jedenfalls nicht - sie beteuert, dass sie vollkommen überfordert sei und dringend Hilfe brauche, vor allem vom Land

 Autoreifen von Pendlern aus dem ganzen Land zermalmen Saarbrückens Straßen. Doch die Reparatur muss Saarbrücken fast ganz allein finanzieren. Dadurch ist die Stadt extrem benachteiligt - sagen die Saarbrücker Verwaltung und ein neues Gutachten. SZ-Archiv-Foto: Honk

Autoreifen von Pendlern aus dem ganzen Land zermalmen Saarbrückens Straßen. Doch die Reparatur muss Saarbrücken fast ganz allein finanzieren. Dadurch ist die Stadt extrem benachteiligt - sagen die Saarbrücker Verwaltung und ein neues Gutachten. SZ-Archiv-Foto: Honk

Regionalverband. Wieder schlägt Väterchen Frost unbarmherzig tiefe Löcher in die Straßen der Landeshauptstadt. Und wieder fragen sich nicht nur Karnevalisten: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?

Die Stadt jedenfalls nicht - sie beteuert, dass sie vollkommen überfordert sei und dringend Hilfe brauche, vor allem vom Land. Die Stadt kann sich bei ihrer Klage auf Professor Joachim Hesse berufen, der am 10. Januar sein neues Strukturgutachten vorlegte. Hesse hatte hier festgestellt, dass Saarbrücken extrem benachteiligt seit. Eines der Musterbeispiele, mit denen Hesse diese These untermauert, ist die Finanzierung der Straßenreparaturen.

Demnach und nach SZ-Recherchen steckt die Stadt in folgendem Dilemma: Saarbrücken hat rund 180 000 Einwohner und etwa 106 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Aber auf rund 70 000 davon arbeiteten Einpendler mit deutscher Sozialversicherung. Saarbrücken hat also eine Einpendlerquote von 65,8 Prozent (Frankfurt am Main: 66 Prozent). Das heißt: 65,8 Prozent aller Menschen, die in Saarbrücken ihr Geld verdienen, wohnen außerhalb. Sie bezahlen ihre Einkommenssteuer, ihre Grundsteuer, Straßenreinigungsgebühren und so weiter an andere - überwiegend saarländische - Kommunen. Aber die Straßen, auf denen die Pendler zur Arbeit fahren, muss Saarbrücken allein in Schuss halten, ohne dass die anderen Kommunen, die von den Saarbrücker Arbeitsplätzen und Straßen profitieren, etwas dazu beitragen.

Fazit: Einpendler verursachen rund die Hälfte des Saarbrücker Verkehrs. Die Reparaturen muss Saarbrücken aber praktisch allein bezahlen.

Für die 102 Kilometer Bundes- und Landstraßen im Stadtgebiet verbrauchte Saarbrücken 2012 nach eigenen Angaben rund 7,7 Millionen Euro - bekam aber nur rund 800 000 Euro Zuschuss vom Land. 2013 will die Stadt für Bundes- und Landstraßen 8,1 Millionen Euro ausgeben, und das Land wird sich wieder nur mit 800 000 Euro beteiligen - sagt die Stadt.

Für seine 555 Kilometer Gemeindestraßen hat Saarbrücken 2012 rund 34 Millionen Euro lockergemacht - und bekam vom Land keinen Cent dazu. 2013 geschieht dasselbe.

Demnach gab Saarbrücken 2012 also insgesamt rund 41,7 Millionen Euro für 657 Kilometer Gemeinde-, Land- und Bundesstraßen aus, die etwa zur Hälfte von Einpendlern genutzt werden - und das Land half mit 0,8 Millionen Euro. Wiederholung: 2013.

Aber selbst von den 41,7 Millionen Euro, so beklagt die Stadt, blieben nur 3 Millionen für Reparaturen. Die übrigen rund 31 Millionen gingen für Reinigung, Winterdienst, Entwässerung, Beleuchtung und ähnliche "Sach- und Personalkosten" drauf. Wiederholung im Wesentlichen: 2013. Um die Straßen dauerhaft in Schuss zu halten, bräuchte die Stadt nach eigener Schätzung rund 10 Millionen pro Jahr.

Saarbrücken. Basis der Lastenverteilung bei den Reparaturen sind das Saarländische Straßengesetz und das Kommunalfinanzausgleichsgesetz. Saarbrücken ist als einzige Stadt im Saarland mit über 80 000 Einwohnern dazu verpflichtet, die Bundes- und Landstraßen im Stadtgebiet in Schuss zu halten. Dazu erklärte das Innenministerium: Das Land gebe den Kommunen keine direkten Zuschüsse für Straßenreparaturen. Wenn eine Kommune dafür besonders viel Geld brauche, erhalte sie per kommunalen Finanzausgleich einen "Ergänzungsansatz" - also zusätzliches Geld, das aber nicht zweckgebunden sei. Weil Saarbrücken als "einzige saarländische Kommune" die "Straßenbaulast" für Ortsdurchfahrten von Bundes- und Landstraßen trage, habe die Stadt 2012 einen "Ergänzungszusatz" von rund 2,48 Millionen Euro erhalten - und 2013 könne sie mit rund 2,65 Millionen rechnen - für Bundes- und Landstraßen. Für die Gemeindestraßen werde Saarbrücken allerdings keinen Zuschuss bekommen.

 Autoreifen von Pendlern aus dem ganzen Land zermalmen Saarbrückens Straßen. Doch die Reparatur muss Saarbrücken fast ganz allein finanzieren. Dadurch ist die Stadt extrem benachteiligt - sagen die Saarbrücker Verwaltung und ein neues Gutachten. SZ-Archiv-Foto: Honk

Autoreifen von Pendlern aus dem ganzen Land zermalmen Saarbrückens Straßen. Doch die Reparatur muss Saarbrücken fast ganz allein finanzieren. Dadurch ist die Stadt extrem benachteiligt - sagen die Saarbrücker Verwaltung und ein neues Gutachten. SZ-Archiv-Foto: Honk

 Autoreifen von Pendlern aus dem ganzen Land zermalmen Saarbrückens Straßen. Doch die Reparatur muss Saarbrücken fast ganz allein finanzieren. Dadurch ist die Stadt extrem benachteiligt - sagen die Saarbrücker Verwaltung und ein neues Gutachten. SZ-Archiv-Foto: Honk

Autoreifen von Pendlern aus dem ganzen Land zermalmen Saarbrückens Straßen. Doch die Reparatur muss Saarbrücken fast ganz allein finanzieren. Dadurch ist die Stadt extrem benachteiligt - sagen die Saarbrücker Verwaltung und ein neues Gutachten. SZ-Archiv-Foto: Honk

Zu den 2,48 und den 2,65 Millionen Euro erklärte Saarbrückens Stadt-Pressesprecher Thomas Blug: "Die Zahlen sind falsch. Wir haben 2012 über den Ergänzungsansatz für Ortsdurchfahrten nicht 2,48 Millionen Euro bekommen, sondern nur 0,8 Millionen. Und 2013 werden es auch nicht 2,65 Millionen sein, sondern wieder nur 0,8 Millionen." fitz

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